Sitzung: 05.04.2018 Rechnungsprüfungsausschuss
Vorlage: BV/0712/2018
Der
Ausschussvorsitzende, Herr Müller, stellte
folgenden Antrag:
Der Rechnungsprüfungsausschuss empfiehlt dem Kreistag Anhalt-Bitterfeld die geprüfte Eröffnungsbilanz des Landeskreises Anhalt-Bitterfeld zum 01.01.2013 zu beschließen.
Herr
Müller bat Herrn Fanneß und Frau Lindner zum o. g. Tagesordnungspunkt zu Wort:
Frau Lindner berichtete über die Historie der Erstellung
der Eröffnungsbilanz. Ausgangspunkt hierfür war die Einführung der Doppik.
Mit dem Gesetz über ein Neues Kommunales
Haushalts- und Rechnungswesen für die Kom-munen im Land Sachsen-Anhalt vom
22.03.2006 wurde zum Stichtag 01.01.2013 die Doppik eingeführt. Die
Verschiebung des Beginns zur Einführung der Doppik war weiteren gesetzlichen
Änderungen zu schulden.
Der Kreistag wurde am 25.03.2010 informiert
und somit begann für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld die Einführungsphase für
die Doppik.
Am 10.07.2010 wurde ein Beratervertrag mit
der Uelzener Doppik-Beratungsgesellschaft mbH abgeschlossen, die den Landkreis
Anhalt-Bitterfeld bei der Einführung der Doppik begleiten sollte und dies auch
getan hat. Fundament für die Einführung der Doppik ist die Erstellung einer
Eröffnungsbilanz. Die Eröffnungsbilanz liegt den Anwesenden heute in geprüfter
Form vor. Somit kann eine Beschlussfassung durch den Kreistag erfolgen. Bis
hierher war es ein weiter Weg.
Im Jahr 2010 wurden diverse Arbeitsgruppen
von Mitarbeitern aus verschiedenen Ämtern gebildet und zuvor Frau Dr. Engst als
Doppik-Beauftragte ernannt. Einzelne Schwerpunkt-bereiche mussten von den
Arbeitsgruppen abgearbeitet werden.
Eine große Herausforderung für die
Erstellung der Eröffnungsbilanz war die Bewertung der Ge-bäude und der Straßen,
welche sehr viel Zeit in Anspruch nahm. Erschwerend kam die Kreis-gebietsreform
2007 hinzu. Teilweise wurden Unterlagen nicht vollständig zur Verfügung
gestellt und EDV-Programme nicht in der Form übernommen, wie sie in den
Altkreisen geführt wurden.
Die Bewertung nach Anschaffungs- und Herstellungskosten war problemreich und
sehr aufwendig.
Die Arbeitsgruppen hatten bis Ende 2012 ihre
Tätigkeit fortgesetzt. Bis zum Stichtag 31.12.2012 wurde noch eine Inventur in
allen Ämtern, Einrichtungen und Schulen durchführt, um das be-wegliche Vermögen
zu erfassen.
Insgesamt musste diese extreme Datenfülle,
die sich aus den Vorarbeiten in den einzelnen Arbeitsgruppen ergeben hat, in
ein Exemplar der Eröffnungsbilanz eingearbeitet werden. Dies dauerte
letztendlich bis Ende Juni 2015. Am 04.08.2015 konnte dann durch die Kämmerei
ein Exemplar der Eröffnungsbilanz an das Rechnungsprüfungsamt nebst Anhang und
diversen Unterlagen (diverse Ordner) zur Prüfung übergeben werden.
Diese Erstfassung der Eröffnungsbilanz wies
noch ein negatives Eigenkapital in Höhe von
19,9 Mio. € aus. Alle Hinweise und Feststellungen, welche im Rahmen der Prüfung
durch das Rechnungsprüfungsamt aufgetreten sind, wurden soweit es ging zügig
von der Kämmerei und den einzelnen Fachämtern umgesetzt. Die komplette
Überarbeitung der Eröffnungsbilanz hatte letztendlich mit Stand 01.03.2018 ein
positives Eigenkapital von 15,3 Mio. € zur Folge. Dies ist ein solides
Fundament für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Frau Lindner beendete ihre Aus-führungen.
Herr
Müller übergab an Herrn Fanneß das Wort.
Herr Fanneß
informierte die Anwesenden wie folgt:
Im August 2015 wurde dem Rechnungsprüfungsamt die erste Fassung der
Eröffnungsbilanz des Landkreises Anhalt-Bitterfeld zum 01.01.2013 zur Prüfung
übergeben. Sie wies auf der Aktivseite ein Anlagevermögen von 247,876 Mio. €
und ein Umlaufvermögen von 27,743 Mio. € aus.
Dem standen auf der Passivseite 0,856 Mio. € Eigenkapital aus Sonderrücklagen,
109,076 Mio. € Sonderposten, 21,916 Mio. € Rückstellungen und 168,613 Mio. €
Verbind-lichkeiten gegenüber.
Bei einer Bilanzsumme von 300,676 Mio. € ergab sich daraus ein auf der
Aktivseite auszu-weisender nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von
19,925 Mio. €.
Die für die Erstellung der Eröffnungsbilanz erforderliche
Bewertungsrichtlinie des Landkreises Anhalt-Bitterfeld war von der Verwaltung
in verschiedenen Arbeitsgruppen erarbeitet und im Rahmen der Arbeiten an der
Prüfung der Eröffnungsbilanz fortentwickelt worden. Das Rechnungsprüfungsamt
war dabei von Anbeginn in die Arbeitsgruppen eingebunden. Wegen der
Erheblichkeit der Festlegungen wird die Bewertungsrichtlinie im nächsten
Kreistag ebenfalls zur Beschlussfassung vorliegen und soll danach als
Dienstanweisung intern veröffentlicht werden.
Die Prüfung der Eröffnungsbilanz war sehr
zeitaufwendig und führte trotz der umfangreichen Vorbereitungen zu erheblichen
Prüfungsfeststellungen. Ursächlich waren u. a.
-
Änderungen
und Ergänzungen der Bewertungsvorgaben,
-
grundlegende
Mängel der Erfassungs- und Auswertungsvordrucke, die z. B. den Beginn von
Abschreibungszeiten und die Rundung von Beträgen betrafen,
-
Mängel
durch unterschiedliche Bearbeitung gleichartiger Vorgänge,
-
fehlerhafte
Auslegungen haushaltsrechtlicher Vorgaben und
-
Nichterfassungen
zu bewertender Wirtschaftsgüter.
Die erforderlichen Sachaufklärungen und Nachbearbeitungen betrafen das
gesamte Gebäude-, Straßen- und Infrastrukturvermögen sowie Teile des
beweglichen Sachanlagevermögens. Allein die Gebäudebewertung betraf 140
Gebäudeakten zur Bilanzposition „Gebäude und Aufbauten auf bebauten
Grundstücken“. Anzuwendende Bewertungsverfahren waren die Anschaffungs- und
Herstellungskosten (45), Wertgutachten (7) sowie Sachwertverfahren mit
Rückindizierung (71) und ohne Rückindizierung (17). Eine ursprünglich
vorgenommene Rückindizierung der Sonderposten wurde im Ergebnis der Prüfungen
zurückgenommen.
Verfahrensseitige Erfordernisse für den korrekten Ausweis der Forderungen und
Verbindlich-keiten wurden von der Firma AB DATA noch im Juni 2017 und Februar
2018 geschaffen.
Im Ergebnis der Prüfung erhöhte sich die Bilanzsumme um 29,043 Mio. €
auf 329,719 Mio. €. Das ursprünglich negative Eigenkapital wandelte sich in ein
positives Eigenkapital von
15,319 Mio. €.
Im Interesse der Vermeidung weiterer Verzögerungen, insbesondere auch
wegen des für die Genehmigung der Haushaltssatzung 2018 erforderlichen
Abschlusses der Prüfung, wurde bei der vorliegenden Eröffnungsbilanz auf die
Nacherfassung der festgestellten fehlenden
Bewer-tung der Außenanlagen der Gebäude und des Ausweises einer Forderung
des Landkreises Anhalt-Bitterfeld an die Jobcenter - KomBA-ABI verzichtet. Die
Korrekturen der Eröffnungs-bilanz werden im Rahmen der Jahresrechnung 2013 zu
buchen sein. Da beide Werte die Aktivseite erhöhen, werden sich
korrespondierend das als Rücklage aus der Eröffnungsbilanz auszuweisende
Eigenkapital sowie insgesamt das Bilanzvolumen erhöhen.
Im Gesamtergebnis der Prüfung erteilt das Rechnungsprüfungsamt einen
uneingeschränkten Bestätigungsvermerk wie folgt:
„Die Eröffnungsbilanz nebst Anhang entspricht aufgrund der bei der
Prüfung gewonnenen Erkenntnisse den gesetzlichen Vorschriften, Satzungen und
sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen und vermittelt unter Beachtung der
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen
entsprechendes Bild der Vermögens- und Schuldenlage des Landkreises
Anhalt-Bitterfeld.“
Herr Fanneß bat die Anwesenden ihre Anfragen mit der
Angabe in Bezug auf die Eröffnungs-bilanz oder des Prüfberichtes sowie der
dazugehörigen Seitenzahlen zu stellen.
Herr Müller eröffnete die Diskussionsrunde.
Herr Hemmerling stellte folgende Anfragen:
1.
Warum
steht die Bewertungsrichtlinie nicht auf der Tagesordnung des
Rechnungsprüfungs-ausschusses obwohl diese im Kreis- und Finanzausschuss mit
aufgeführt ist? Wurde dies so bewusst gewählt oder gibt es dafür Gründe?
2.
Inwieweit
kam es zu finanziellen Auswirkungen durch die Unterstützung der Uelzener Doppik
Beratungsgesellschaft mbH für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld?
3.
Wieso
kam es zu so umfangreichen Änderungen der Ansätze von ca. 80 % betreffs der
In-formation von Herrn Fanneß (letzter Rechnungsprüfungsausschuss am 22.06.2017)
zur
1. Fassung der Eröffnungsbilanz des Landkreises Anhalt-Bitterfeld?
Gab es hier neue Erkenntnisse oder war man zum Stand 2017 mengenmäßig noch
nicht durch?
4.
Weitere
Änderungen zur Bewertung der Außenanlagen wurden bereits angekündigt. Welchen
Umfang haben diese?
Zu
Frage 1 – Herr Fanneß In
Absprache mit der Kämmerei wurde festgelegt, dass die Bewer-tungsrichtlinie
nicht in den Rechnungsprüfungsausschuss gehört, da im
Rechnungsprüfungs-ausschuss nur über Prüfungen beraten und informiert wird.
Insofern wurde die Bewertungs-richtlinie nicht mit in die Tagesordnung
aufgenommen.
Zu
Frage 2 – Frau Lindner wird
im Kreis- und Finanzausschuss über die angefallenen Kosten durch die
Unterstützung der Uelzener Doppik Beratungsgesellschaft mbH berichten.
Eine Beantwortung dieser Anfrage erfolgt ebenfalls in der Niederschrift über
die Sitzung dieses Rechnungsprüfungsausschusses.
Beantwortung
der Anfrage: Im Zeitraum 2010 bis 2014 wurden an die Uelzener Doppik
Beratungsgesellschaft mbH insgesamt 174.770,00 € durch den Landkreis
Anhalt-Bitterfeld überwiesen.
Zu
Frage 3 – Herr Fanneß Zum
damaligen Zeitpunkt sind wir davon ausgegangen, dass die Prüfung abgeschlossen
war. Leider hat sich gezeigt, dass noch viele Sachaufklärungen und
Nachbearbeitungen erforderlich waren. Verfahrensseitige Erfordernisse für den
korrekten Ausweis der Forderungen und Verbindlichkeiten wurden von AB DATA noch
bis Februar 2018 geschaffen.
Zu
Frage 4 – Herr Fanneß In
den damaligen Beratungen wurde festgestellt, dass die Bewer-tung der
Außenanlagen fehlte. Diese wurden geprüft, konnten aber nicht mehr eingebunden
werden. Hierbei handelt es um sehr geringe Werte, weil sie letztendlich schon
alle weit über
10 Jahre alt sind. Diese fließen nur mit dem Erinnerungswert in die
Eröffnungsbilanz ein.
Die Forderung des Landkreises
Anhalt-Bitterfeld gegen die Jobcenter - KomBA-ABI steht bisher noch nicht fest,
die Zahl wird sich aber im 6- bis 7-stelligen Bereich bewegen und ist im Moment
noch nicht in der Höhe genau bezifferbar. Wichtige Bestandteile sind hier die
Altersteilzeit und die übernommenen Mitarbeiter der Jobcenter - KomBA-ABI vom
Landkreis Anhalt-Bitterfeld.
Die Erstellung des Jahresabschlusses der Jobcenter - KomBA-ABI hängt mit von
diesen Faktoren ab.
Herr Kröber (EB S. 4) hatte Anfragen zur Bewertung der
Kunstgegenstände/Kulturdenkmäler.
Er findet die Bewertung der Kunstgegenstände als zu niedrig angesetzt
Herr
Fanneß erklärte, dass der
Grundsatz vom Gesetz her der Einkaufspreis ist. Falls keine Unterlagen aufgrund
des Alters vorhanden sind, müssen andere Werte genommen werden. Der Gesetzgeber
geht sogar von 1 € pro Gegenstand aus, außer es sind Gutachten vorhanden und
die Bewertung für die Versicherung ist als Gutachtenwert anzunehmen.
Herr
Kröber (EB S. 4) bat um
Erklärung der Bewertung der Sonderflächen mit nur 1 € und der Erbbaurechte mit
nur 2 €.
Frau
Herrmann beantwortete o. g.
Anfragen. Gemäß der
Bewertungsrichtlinien vom Land Sachsen-Anhalt wurde in der Eröffnungsbilanz die
Gesamtheit aller vorhandenen Sonder-
flächen mit einem Erinnerungswert von 1,00 € angesetzt, dies betrifft auch
Deponie- und stark verschmutzte Flächen (Prüfbericht S. 16). Der Landkreis
Anhalt-Bitterfeld war in 2 Fällen Nutzer eines Erbbaurechtes, deshalb wurden
insgesamt 2 € in der Bilanz angesetzt (Prüfbericht S. 18).
Herr
Hemmerling hatte noch einige Anfragen und Hinweise zum
Prüfbericht des Rechnungs-prüfungsamtes die Seiten 23 (Liquidation einer
Gesellschaft – vollständiger Einsatz des Stamm-kapitals), 32 (Rückstellungen
für Altersteilzeit) und 33 (Rückstellungen für anhängige Gerichtsverfahren)
betreffend.
Herr
Fanneß Bei dem
vollständigen Einsatz des Stammkapitals handelt es sich um einen Verlust.
Neue Alterszeitverträge werden vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld nicht mehr
abgeschlossen.
Frau
Lindner Die letzten
Altersteilzeitverträge wurden per 31.12.2016 mit wesentlich schlech-teren
Konditionen für Mitarbeiter*innen des Landkreises Anhalt-Bitterfeld
abgeschlossen.
Bei den Rückstellungen für anhängige Gerichtsverfahren handelt es sich um 8
Gerichtsver-fahren. In der Eröffnungsbilanz ist auf S. 29 ein Schreibfehler (5
Gerichtsverfahren) unterlaufen.
Herr
Müller Wann können wir mit
dem Jahresabschluss 2013 des Landkreises Anhalt-Bitterfeld rechnen?
Frau
Lindner Mit der Rücknahme der
Rückindizierung kommen wir mit Stichtag 01.01.2013 auf eine zusätzliche
Nettobelastung von jährlich rund 750.000 €. Es soll kontinuierlich an die
Erstel-lung der Jahresabschlüsse gearbeitet werden, dies wird sehr viel Zeit in
Anspruch nehmen.
Es gab keine weiteren Anfragen der
Anwesenden.