Der Ausschussvorsitzende, Herr Müller, stellte folgenden Antrag:

Der Rechnungsprüfungsausschuss empfiehlt dem Kreistag Anhalt-Bitterfeld die geprüfte Eröffnungsbilanz des Landeskreises Anhalt-Bitterfeld zum 01.01.2013 zu beschließen.


Herr Müller bat Herrn Fanneß und Frau Lindner zum o. g. Tagesordnungspunkt zu Wort:

 

Frau Lindner berichtete über die Historie der Erstellung der Eröffnungsbilanz. Ausgangspunkt hierfür war die Einführung der Doppik.

 

Mit dem Gesetz über ein Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen für die Kom-munen im Land Sachsen-Anhalt vom 22.03.2006 wurde zum Stichtag 01.01.2013 die Doppik eingeführt. Die Verschiebung des Beginns zur Einführung der Doppik war weiteren gesetzlichen Änderungen zu schulden.

Der Kreistag wurde am 25.03.2010 informiert und somit begann für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld die Einführungsphase für die Doppik.

 

Am 10.07.2010 wurde ein Beratervertrag mit der Uelzener Doppik-Beratungsgesellschaft mbH abgeschlossen, die den Landkreis Anhalt-Bitterfeld bei der Einführung der Doppik begleiten sollte und dies auch getan hat. Fundament für die Einführung der Doppik ist die Erstellung einer Eröffnungsbilanz. Die Eröffnungsbilanz liegt den Anwesenden heute in geprüfter Form vor. Somit kann eine Beschlussfassung durch den Kreistag erfolgen. Bis hierher war es ein weiter Weg.

 

Im Jahr 2010 wurden diverse Arbeitsgruppen von Mitarbeitern aus verschiedenen Ämtern gebildet und zuvor Frau Dr. Engst als Doppik-Beauftragte ernannt. Einzelne Schwerpunkt-bereiche mussten von den Arbeitsgruppen abgearbeitet werden.

Eine große Herausforderung für die Erstellung der Eröffnungsbilanz war die Bewertung der Ge-bäude und der Straßen, welche sehr viel Zeit in Anspruch nahm. Erschwerend kam die Kreis-gebietsreform 2007 hinzu. Teilweise wurden Unterlagen nicht vollständig zur Verfügung gestellt und EDV-Programme nicht in der Form übernommen, wie sie in den Altkreisen geführt wurden.
Die Bewertung nach Anschaffungs- und Herstellungskosten war problemreich und sehr aufwendig.

 

Die Arbeitsgruppen hatten bis Ende 2012 ihre Tätigkeit fortgesetzt. Bis zum Stichtag 31.12.2012 wurde noch eine Inventur in allen Ämtern, Einrichtungen und Schulen durchführt, um das be-wegliche Vermögen zu erfassen.

 

Insgesamt musste diese extreme Datenfülle, die sich aus den Vorarbeiten in den einzelnen Arbeitsgruppen ergeben hat, in ein Exemplar der Eröffnungsbilanz eingearbeitet werden. Dies dauerte letztendlich bis Ende Juni 2015. Am 04.08.2015 konnte dann durch die Kämmerei ein Exemplar der Eröffnungsbilanz an das Rechnungsprüfungsamt nebst Anhang und diversen Unterlagen (diverse Ordner) zur Prüfung übergeben werden.

 

Diese Erstfassung der Eröffnungsbilanz wies noch ein negatives Eigenkapital in Höhe von
19,9 Mio. € aus. Alle Hinweise und Feststellungen, welche im Rahmen der Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt aufgetreten sind, wurden soweit es ging zügig von der Kämmerei und den einzelnen Fachämtern umgesetzt. Die komplette Überarbeitung der Eröffnungsbilanz hatte letztendlich mit Stand 01.03.2018 ein positives Eigenkapital von 15,3 Mio. € zur Folge. Dies ist ein solides Fundament für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Frau Lindner beendete ihre Aus-führungen.

 

Herr Müller übergab an Herrn Fanneß das Wort.

 

Herr Fanneß informierte die Anwesenden wie folgt:

 

Im August 2015 wurde dem Rechnungsprüfungsamt die erste Fassung der Eröffnungsbilanz des Landkreises Anhalt-Bitterfeld zum 01.01.2013 zur Prüfung übergeben. Sie wies auf der Aktivseite ein Anlagevermögen von 247,876 Mio. € und ein Umlaufvermögen von 27,743 Mio. € aus.

Dem standen auf der Passivseite 0,856 Mio. € Eigenkapital aus Sonderrücklagen,
109,076 Mio. € Sonderposten, 21,916 Mio. € Rückstellungen und 168,613 Mio. € Verbind-lichkeiten gegenüber.

Bei einer Bilanzsumme von 300,676 Mio. € ergab sich daraus ein auf der Aktivseite auszu-weisender nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 19,925 Mio. €.

Die für die Erstellung der Eröffnungsbilanz erforderliche Bewertungsrichtlinie des Landkreises Anhalt-Bitterfeld war von der Verwaltung in verschiedenen Arbeitsgruppen erarbeitet und im Rahmen der Arbeiten an der Prüfung der Eröffnungsbilanz fortentwickelt worden. Das Rechnungsprüfungsamt war dabei von Anbeginn in die Arbeitsgruppen eingebunden. Wegen der Erheblichkeit der Festlegungen wird die Bewertungsrichtlinie im nächsten Kreistag ebenfalls zur Beschlussfassung vorliegen und soll danach als Dienstanweisung intern veröffentlicht werden.

Die Prüfung der Eröffnungsbilanz war sehr zeitaufwendig und führte trotz der umfangreichen Vorbereitungen zu erheblichen Prüfungsfeststellungen. Ursächlich waren u. a.

 

-       Änderungen und Ergänzungen der Bewertungsvorgaben,

-       grundlegende Mängel der Erfassungs- und Auswertungsvordrucke, die z. B. den Beginn von Abschreibungszeiten und die Rundung von Beträgen betrafen,

-       Mängel durch unterschiedliche Bearbeitung gleichartiger Vorgänge,

-       fehlerhafte Auslegungen haushaltsrechtlicher Vorgaben und

-       Nichterfassungen zu bewertender Wirtschaftsgüter.

 

Die erforderlichen Sachaufklärungen und Nachbearbeitungen betrafen das gesamte Gebäude-, Straßen- und Infrastrukturvermögen sowie Teile des beweglichen Sachanlagevermögens. Allein die Gebäudebewertung betraf 140 Gebäudeakten zur Bilanzposition „Gebäude und Aufbauten auf bebauten Grundstücken“. Anzuwendende Bewertungsverfahren waren die Anschaffungs- und Herstellungskosten (45), Wertgutachten (7) sowie Sachwertverfahren mit Rückindizierung (71) und ohne Rückindizierung (17). Eine ursprünglich vorgenommene Rückindizierung der Sonderposten wurde im Ergebnis der Prüfungen zurückgenommen.
Verfahrensseitige Erfordernisse für den korrekten Ausweis der Forderungen und Verbindlich-keiten wurden von der Firma AB DATA noch im Juni 2017 und Februar 2018 geschaffen.

Im Ergebnis der Prüfung erhöhte sich die Bilanzsumme um 29,043 Mio. € auf 329,719 Mio. €. Das ursprünglich negative Eigenkapital wandelte sich in ein positives Eigenkapital von
15,319 Mio. €.

Im Interesse der Vermeidung weiterer Verzögerungen, insbesondere auch wegen des für die Genehmigung der Haushaltssatzung 2018 erforderlichen Abschlusses der Prüfung, wurde bei der vorliegenden Eröffnungsbilanz auf die Nacherfassung der festgestellten fehlenden Bewer-tung der Außenanlagen der Gebäude und des Ausweises einer Forderung des Landkreises Anhalt-Bitterfeld an die Jobcenter - KomBA-ABI verzichtet. Die Korrekturen der Eröffnungs-bilanz werden im Rahmen der Jahresrechnung 2013 zu buchen sein. Da beide Werte die Aktivseite erhöhen, werden sich korrespondierend das als Rücklage aus der Eröffnungsbilanz auszuweisende Eigenkapital sowie insgesamt das Bilanzvolumen erhöhen.

Im Gesamtergebnis der Prüfung erteilt das Rechnungsprüfungsamt einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk wie folgt:

„Die Eröffnungsbilanz nebst Anhang entspricht aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse den gesetzlichen Vorschriften, Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen und vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und Schuldenlage des Landkreises Anhalt-Bitterfeld.“

Herr Fanneß bat die Anwesenden ihre Anfragen mit der Angabe in Bezug auf die Eröffnungs-bilanz oder des Prüfberichtes sowie der dazugehörigen Seitenzahlen zu stellen.

Herr Müller eröffnete die Diskussionsrunde.

Herr Hemmerling stellte folgende Anfragen:

1.    Warum steht die Bewertungsrichtlinie nicht auf der Tagesordnung des Rechnungsprüfungs-ausschusses obwohl diese im Kreis- und Finanzausschuss mit aufgeführt ist? Wurde dies so bewusst gewählt oder gibt es dafür Gründe?

 

2.    Inwieweit kam es zu finanziellen Auswirkungen durch die Unterstützung der Uelzener Doppik Beratungsgesellschaft mbH für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld?

 

3.    Wieso kam es zu so umfangreichen Änderungen der Ansätze von ca. 80 % betreffs der In-formation von Herrn Fanneß (letzter Rechnungsprüfungsausschuss am 22.06.2017) zur
1. Fassung der Eröffnungsbilanz des Landkreises Anhalt-Bitterfeld?
Gab es hier neue Erkenntnisse oder war man zum Stand 2017 mengenmäßig noch nicht durch?

 

4.    Weitere Änderungen zur Bewertung der Außenanlagen wurden bereits angekündigt. Welchen Umfang haben diese?

Zu Frage 1 – Herr Fanneß In Absprache mit der Kämmerei wurde festgelegt, dass die Bewer-tungsrichtlinie nicht in den Rechnungsprüfungsausschuss gehört, da im Rechnungsprüfungs-ausschuss nur über Prüfungen beraten und informiert wird. Insofern wurde die Bewertungs-richtlinie nicht mit in die Tagesordnung aufgenommen.

Zu Frage 2 – Frau Lindner wird im Kreis- und Finanzausschuss über die angefallenen Kosten durch die Unterstützung der Uelzener Doppik Beratungsgesellschaft mbH berichten.
Eine Beantwortung dieser Anfrage erfolgt ebenfalls in der Niederschrift über die Sitzung dieses Rechnungsprüfungsausschusses.

Beantwortung der Anfrage: Im Zeitraum 2010 bis 2014 wurden an die Uelzener Doppik Beratungsgesellschaft mbH insgesamt 174.770,00 € durch den Landkreis Anhalt-Bitterfeld überwiesen.

Zu Frage 3 – Herr Fanneß Zum damaligen Zeitpunkt sind wir davon ausgegangen, dass die Prüfung abgeschlossen war. Leider hat sich gezeigt, dass noch viele Sachaufklärungen und Nachbearbeitungen erforderlich waren. Verfahrensseitige Erfordernisse für den korrekten Ausweis der Forderungen und Verbindlichkeiten wurden von AB DATA noch bis Februar 2018 geschaffen.

Zu Frage 4 – Herr Fanneß In den damaligen Beratungen wurde festgestellt, dass die Bewer-tung der Außenanlagen fehlte. Diese wurden geprüft, konnten aber nicht mehr eingebunden werden. Hierbei handelt es um sehr geringe Werte, weil sie letztendlich schon alle weit über
10 Jahre alt sind. Diese fließen nur mit dem Erinnerungswert in die Eröffnungsbilanz ein.

Die Forderung des Landkreises Anhalt-Bitterfeld gegen die Jobcenter - KomBA-ABI steht bisher noch nicht fest, die Zahl wird sich aber im 6- bis 7-stelligen Bereich bewegen und ist im Moment noch nicht in der Höhe genau bezifferbar. Wichtige Bestandteile sind hier die Altersteilzeit und die übernommenen Mitarbeiter der Jobcenter - KomBA-ABI vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld.
Die Erstellung des Jahresabschlusses der Jobcenter - KomBA-ABI hängt mit von diesen Faktoren ab.

Herr Kröber (EB S. 4) hatte Anfragen zur Bewertung der Kunstgegenstände/Kulturdenkmäler.
Er findet die Bewertung der Kunstgegenstände als zu niedrig angesetzt

Herr Fanneß erklärte, dass der Grundsatz vom Gesetz her der Einkaufspreis ist. Falls keine Unterlagen aufgrund des Alters vorhanden sind, müssen andere Werte genommen werden. Der Gesetzgeber geht sogar von 1 € pro Gegenstand aus, außer es sind Gutachten vorhanden und die Bewertung für die Versicherung ist als Gutachtenwert anzunehmen.

Herr Kröber (EB S. 4) bat um Erklärung der Bewertung der Sonderflächen mit nur 1 € und der Erbbaurechte mit nur 2 €.

Frau Herrmann beantwortete o. g. Anfragen. Gemäß der Bewertungsrichtlinien vom Land Sachsen-Anhalt wurde in der Eröffnungsbilanz die Gesamtheit aller vorhandenen Sonder-
flächen mit einem Erinnerungswert von 1,00 € angesetzt, dies betrifft auch Deponie- und stark verschmutzte Flächen (Prüfbericht S. 16). Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld war in 2 Fällen Nutzer eines Erbbaurechtes, deshalb wurden insgesamt 2 € in der Bilanz angesetzt (Prüfbericht S. 18).

Herr Hemmerling hatte noch einige Anfragen und Hinweise zum Prüfbericht des Rechnungs-prüfungsamtes die Seiten 23 (Liquidation einer Gesellschaft – vollständiger Einsatz des Stamm-kapitals), 32 (Rückstellungen für Altersteilzeit) und 33 (Rückstellungen für anhängige Gerichtsverfahren) betreffend.

Herr Fanneß Bei dem vollständigen Einsatz des Stammkapitals handelt es sich um einen Verlust.
Neue Alterszeitverträge werden vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld nicht mehr abgeschlossen.

Frau Lindner Die letzten Altersteilzeitverträge wurden per 31.12.2016 mit wesentlich schlech-teren Konditionen für Mitarbeiter*innen des Landkreises Anhalt-Bitterfeld abgeschlossen.
Bei den Rückstellungen für anhängige Gerichtsverfahren handelt es sich um 8 Gerichtsver-fahren. In der Eröffnungsbilanz ist auf S. 29 ein Schreibfehler (5 Gerichtsverfahren) unterlaufen.

Herr Müller Wann können wir mit dem Jahresabschluss 2013 des Landkreises Anhalt-Bitterfeld rechnen?

Frau Lindner Mit der Rücknahme der Rückindizierung kommen wir mit Stichtag 01.01.2013 auf eine zusätzliche Nettobelastung von jährlich rund 750.000 €. Es soll kontinuierlich an die Erstel-lung der Jahresabschlüsse gearbeitet werden, dies wird sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.

Es gab keine weiteren Anfragen der Anwesenden.