Herr Böddeker informierte darüber, dass gegenwärtig Flüchtlinge mit unterschiedlichem Aufenthaltsstatus im Landkreis leben, das sind Asylbewerber, die sich noch im Verfahren befinden, geduldete ehemalige Asylbewerber, deren Aufenthalt nicht dauerhaft ist und syrische Flüchtlinge.

Die Unterbringung erfolgt unabhängig vom rechtlichen Status und unter beiderseitiger Beachtung des Toleranzgebotes und kultureller Besonderheiten.

Im laufenden Jahr werden insgesamt 600 Flüchtlinge erwartet. Gegenwärtig befinden sich ca. 700 Flüchtlinge im Landkreis, 83 Personen wurden abgeschoben, 35 sind freiwillig ausgereist. 49 Personen sind untergetaucht.

Die Unterbringung erfolgt einerseits in den zwei bekannten Gemeinschaftsunterkünften (375 Personen) und zunehmend in Wohnungen (297 Personen). Die Anzahl der in Wohnungen untergebrachten Personen wird zum Jahresende noch weiter zunehmen.

61 Wohnungen wurden durch den Landkreis angemietet, 41 Wohnungen durch die Flüchtlinge selbst.

Für das Jahr 2015 kann mit der gleichen Anzahl an Zuweisungen wie im Jahr 2014 gerechnet werden, durchschnittlich 60 Personen im Monat.

 

Das Aufnahmesoll wird im Landkreis aktuell mit 30 Personen unterschritten, was mit der Anzahl der aktuellen Zuweisungen zusammenhängt. Zurzeit bestehen 49 belegbare Plätze. Am Standort Zerbst stehen 10 Wohnungen und am Standort Zörbig 3 Wohnungen zur Verfügung.

Angestrebt wird eine möglichst gleichmäßige Verteilung der zugewiesenen Flüchtlinge auf den Landkreis. Dazu wurden in der Vergangenheit Gespräche mit den Städten und Gemeinden geführt, um unter Beachtung regionaler Besonderheiten einen Aufnahmeschlüssel festzulegen.

 

Die Betreuung der Flüchtlinge stellt eine besondere Herausforderung für den Landkreis dar. Für den Landkreis wird ein Betreuungsschlüssel von 1:70 angestrebt (Vorgabe des Landes 1:100).

Hinsichtlich der Betreuung der Flüchtlinge gibt es einen Vertrag mit den EURO-Schulen Bitterfeld-Wolfen. Eine Stelle für einen Betreuungskoordinator soll im Ergebnis einer öffentlichen Ausschreibung des Landkreises besetzt werden.

Die gebildete Kreisarbeitsgruppe des Kreistages zur Aufnahme, Unterbringung und Betreuung tagt in der nächsten Woche.

 

Herr Hövelmann begrüßte die verstärkte dezentrale Unterbringung in Wohnungen. Seine Anfrage zum Verhältnis der Anzahl von zugewiesenen Familien bzw. Frauen mit Kindern zu alleinreisenden Männern konnte aufgrund fehlender Zahlen nicht beantwortet werden. Diese werden allerdings gegenwärtig ermittelt.

Hinsichtlich seiner Anfrage zu möglichen Auswirkungen durch die Änderung der Regelung zur Residenzpflicht erwartet Herr Böddeker keine erheblichen Auswirkungen. Die Residenzpflicht wurde bisher -allerdings illegal- in vielen Fällen nicht eingehalten. Es ist nicht zu erkennen, dass sich mit der neuen Regelung der Personenkreis derer, die sich über einen längeren Zeitraum nicht im Landkreis aufhält, erhöhen wird.

 

Zu seiner Anfrage zur Anmietungssituation im Landkreis informierte Herr Böddeker, dass die Bereitschaft der Wohnungsunternehmen, geeigneten Wohnraum zu vermieten, unterschiedlich ausgeprägt ist. Gerade in kleineren Kommunen ist geeigneter Leerstand nicht vorhanden. Der Herrichtungsaufwand ist häufig groß. Um eine Ghettoisierung zu vermeiden ist die Anmietung ganzer Wohnblocks nicht vorgesehen.

Bei der Belegung von Wohnungen mit Familien ist zu beachten, wie der Schulbesuch der Kinder gewährleistet werden kann. Insofern ist nicht jede angebotene Wohnung insbesondere im ländlichen Bereich für eine Belegung mit Familien geeignet.

 

Herr Seydewitz erinnerte an den übergebenen Fragekatalog zu dieser Problematik.

Weiterhin fragte er nach, ob der Landkreis Einfluss auf die Herkunft der zugewiesenen Flüchtlinge hat. Dies wurde verneint.

Die Religion wird nicht erfasst. Dies ist auch aus Datenschutzgründen nicht zulässig. Hier verwies Herr Böddeker auf den Grundsatz, dass das Toleranzgebot von beiden Seiten (Einwohner und Flüchtlinge) Beachtung finden muss. Die Aufenthaltsdauer der Flüchtlinge im Landkreis ist sehr unterschiedlich und hängt von der Dauer der Verfahren und den Besonderheiten des Einzelfalls ab.

 

Frau Mädchen  fragte nach, ob die Erreichung der Betreuungsquote von 1:70 bereits erreicht wurde. Herr Böddeker erläuterte dazu, dass die Betreuung durch die EURO-Schulen erfolgt. Für den Raum Zerbst ist eine andere Lösung geplant. Es ist vorgesehen, die Betreuungsleistungen komplett als Leistung auszuschreiben. Die Betreuungsquote ist erreicht.

Hinsichtlich der ausgeschriebenen Stelle eines Koordinators liegen 17 Bewerbungen mit verschiedenen Berufsabschlüssen vor. Eine Entscheidung wurde allerdings noch nicht getroffen.

 

Herr Nowak wies auf die besondere Bedeutung einer ausreichenden sprachlichen Ausbildung hin und schätzte ein, dass dies bisher nur unzureichend gelungen ist. Die Angebote in den Gemeinschaftsunterkünften reichen nach seinen Erfahrungen nicht aus.

Herr Böddeker erwiderte, dass aufgrund der relativ langen Verweildauer künftig auch für geduldete Flüchtlinge verstärkt Sprachkurse vorgesehen sind. Ein Angebot der Kreisvolkshochschule liegt vor.

Beim Einsatz von Betreuern wird die Mehrsprachigkeit (englisch/französisch) gefordert.

 

Frau Zoschke schlug vor, über das Büro Kreistag für die neuen Ausschussmitglieder die Protokolle der Ausschusssitzungen zur Verfügung zu stellen, in denen sich der Ausschuss mit der Flüchtlingsthematik befasst hat und Berichte zur Betreuungssituation entgegengenommen hat.

 

Frau Dr. Engst informierte ergänzend, dass durch das Land eine Möglichkeit eingerichtet wurde, an einer Sekundarschule (Sekundarschule I in Wolfen-Nord) 20 Stunden in der Woche Deutschunterricht für Flüchtlingskindern anzubieten.

 

Abschließend einigten sich die Ausschussmitglieder darauf, dass künftig die Berichterstattung zum Stand der Zuweisung, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen im Landkreis nach Bedarf erfolgen soll.