Sitzung: 23.10.2014 Sozial-, Gesundheits- und Jobcenterausschuss
Herr
Böddeker informierte darüber, dass gegenwärtig Flüchtlinge mit
unterschiedlichem Aufenthaltsstatus im Landkreis leben, das sind Asylbewerber,
die sich noch im Verfahren befinden, geduldete ehemalige Asylbewerber, deren
Aufenthalt nicht dauerhaft ist und syrische Flüchtlinge.
Die Unterbringung erfolgt unabhängig vom
rechtlichen Status und unter beiderseitiger Beachtung des Toleranzgebotes und
kultureller Besonderheiten.
Im laufenden Jahr werden insgesamt 600 Flüchtlinge
erwartet. Gegenwärtig befinden sich ca. 700 Flüchtlinge im Landkreis, 83
Personen wurden abgeschoben, 35 sind freiwillig ausgereist. 49 Personen sind
untergetaucht.
Die Unterbringung erfolgt einerseits in den zwei
bekannten Gemeinschaftsunterkünften (375 Personen) und zunehmend in Wohnungen
(297 Personen). Die Anzahl der in Wohnungen untergebrachten Personen wird zum
Jahresende noch weiter zunehmen.
61 Wohnungen wurden durch den Landkreis angemietet,
41 Wohnungen durch die Flüchtlinge selbst.
Für das Jahr 2015 kann mit der gleichen Anzahl an
Zuweisungen wie im Jahr 2014 gerechnet werden, durchschnittlich 60 Personen im
Monat.
Das Aufnahmesoll wird im Landkreis aktuell mit 30
Personen unterschritten, was mit der Anzahl der aktuellen Zuweisungen
zusammenhängt. Zurzeit bestehen 49 belegbare Plätze. Am Standort Zerbst stehen
10 Wohnungen und am Standort Zörbig 3 Wohnungen zur Verfügung.
Angestrebt wird eine möglichst gleichmäßige
Verteilung der zugewiesenen Flüchtlinge auf den Landkreis. Dazu wurden in der
Vergangenheit Gespräche mit den Städten und Gemeinden geführt, um unter
Beachtung regionaler Besonderheiten einen Aufnahmeschlüssel festzulegen.
Die Betreuung der Flüchtlinge stellt eine besondere
Herausforderung für den Landkreis dar. Für den Landkreis wird ein
Betreuungsschlüssel von 1:70 angestrebt (Vorgabe des Landes 1:100).
Hinsichtlich der Betreuung der Flüchtlinge gibt es
einen Vertrag mit den EURO-Schulen Bitterfeld-Wolfen. Eine Stelle für einen
Betreuungskoordinator soll im Ergebnis einer öffentlichen Ausschreibung des
Landkreises besetzt werden.
Die gebildete Kreisarbeitsgruppe des Kreistages zur
Aufnahme, Unterbringung und Betreuung tagt in der nächsten Woche.
Herr Hövelmann begrüßte die verstärkte dezentrale
Unterbringung in Wohnungen. Seine Anfrage zum Verhältnis der Anzahl von
zugewiesenen Familien bzw. Frauen mit Kindern zu alleinreisenden Männern konnte
aufgrund fehlender Zahlen nicht beantwortet werden. Diese werden allerdings
gegenwärtig ermittelt.
Hinsichtlich seiner Anfrage zu möglichen
Auswirkungen durch die Änderung der Regelung zur Residenzpflicht erwartet Herr
Böddeker keine erheblichen Auswirkungen. Die Residenzpflicht wurde bisher
-allerdings illegal- in vielen Fällen nicht eingehalten. Es ist nicht zu
erkennen, dass sich mit der neuen Regelung der Personenkreis derer, die sich
über einen längeren Zeitraum nicht im Landkreis aufhält, erhöhen wird.
Zu seiner Anfrage zur Anmietungssituation im
Landkreis informierte Herr Böddeker, dass die Bereitschaft der
Wohnungsunternehmen, geeigneten Wohnraum zu vermieten, unterschiedlich
ausgeprägt ist. Gerade in kleineren Kommunen ist geeigneter Leerstand nicht
vorhanden. Der Herrichtungsaufwand ist häufig groß. Um eine Ghettoisierung zu
vermeiden ist die Anmietung ganzer Wohnblocks nicht vorgesehen.
Bei der Belegung von Wohnungen mit Familien ist zu
beachten, wie der Schulbesuch der Kinder gewährleistet werden kann. Insofern
ist nicht jede angebotene Wohnung insbesondere im ländlichen Bereich für eine
Belegung mit Familien geeignet.
Herr Seydewitz erinnerte an den übergebenen
Fragekatalog zu dieser Problematik.
Weiterhin fragte er nach, ob der Landkreis Einfluss
auf die Herkunft der zugewiesenen Flüchtlinge hat. Dies wurde verneint.
Die Religion wird nicht erfasst. Dies ist auch aus
Datenschutzgründen nicht zulässig. Hier verwies Herr Böddeker auf den Grundsatz,
dass das Toleranzgebot von beiden Seiten (Einwohner und Flüchtlinge) Beachtung
finden muss. Die Aufenthaltsdauer der Flüchtlinge im Landkreis ist sehr
unterschiedlich und hängt von der Dauer der Verfahren und den Besonderheiten
des Einzelfalls ab.
Frau Mädchen
fragte nach, ob die Erreichung der Betreuungsquote von 1:70 bereits
erreicht wurde. Herr Böddeker erläuterte dazu, dass die Betreuung durch die
EURO-Schulen erfolgt. Für den Raum Zerbst ist eine andere Lösung geplant. Es
ist vorgesehen, die Betreuungsleistungen komplett als Leistung auszuschreiben.
Die Betreuungsquote ist erreicht.
Hinsichtlich der ausgeschriebenen Stelle eines
Koordinators liegen 17 Bewerbungen mit verschiedenen Berufsabschlüssen vor.
Eine Entscheidung wurde allerdings noch nicht getroffen.
Herr Nowak wies auf die besondere Bedeutung einer
ausreichenden sprachlichen Ausbildung hin und schätzte ein, dass dies bisher
nur unzureichend gelungen ist. Die Angebote in den Gemeinschaftsunterkünften
reichen nach seinen Erfahrungen nicht aus.
Herr Böddeker erwiderte, dass aufgrund der relativ
langen Verweildauer künftig auch für geduldete Flüchtlinge verstärkt
Sprachkurse vorgesehen sind. Ein Angebot der Kreisvolkshochschule liegt vor.
Beim Einsatz von Betreuern wird die
Mehrsprachigkeit (englisch/französisch) gefordert.
Frau Zoschke schlug vor, über das Büro Kreistag für
die neuen Ausschussmitglieder die Protokolle der Ausschusssitzungen zur
Verfügung zu stellen, in denen sich der Ausschuss mit der Flüchtlingsthematik
befasst hat und Berichte zur Betreuungssituation entgegengenommen hat.
Frau Dr. Engst informierte ergänzend, dass durch
das Land eine Möglichkeit eingerichtet wurde, an einer Sekundarschule
(Sekundarschule I in Wolfen-Nord) 20 Stunden in der Woche Deutschunterricht für
Flüchtlingskindern anzubieten.
Abschließend einigten sich die Ausschussmitglieder
darauf, dass künftig die Berichterstattung zum Stand der Zuweisung,
Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen im Landkreis nach Bedarf erfolgen
soll.