Herr Stoye (Amtsleiter des Amtes für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst) teilt mit, dass er in der heutigen BWV-Ausschusssitzung den Mitgliedern einen Einblick in die Hintergründe bezüglich der Notwendigkeit eines Neubaus der Leitstelle geben möchte und verdeutlicht dies wie folgt:

 

Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld betreibt nach dem Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt und nach dem Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt eine sogenannte integrierte Leitstelle am Standort Bitterfeld.

Diese integrierte Leitstelle in der jetzigen Form besteht seit dem Jahr 2006/2007, erst für den Altkreis Bitterfeld allein, nach der Fusion 2007 zusätzlich für die Altkreise Köthen und Zerbst.

 

Diese Leitstelle ist Anlaufpunkt für alle Bürgerinnen und Bürger des Landkreises bezüglich Hilfeersuchen rettungsdienstlicher Art, Feuerwehrersuchen und aller anderen Ersuchen wo Hilfe benötigt wird.

 

Als Leitsystem wird hier eine Software der Firma Siemens, ein sogenanntes gemietetes

Vollsystem, genutzt. Darunter versteht man, dass das Vollsystem aus der Software, dem Leitsystem und allem was damit zusammenhängt, dem kompletten Technikteil, das heißt

EDV-Technik, einschließlich der kompletten Einrichtung wie Leitstellentische etc. besteht.

 

Das bedeutet, dass für dieses gemietete Vollsystem einschließlich Service und Wartung

jährlich eine entsprechende Miete gezahlt wird. Ebenso in dieser Leistung ist bei Bedarf der Austausch gewisser technischer Komponenten enthalten.

 

Nach dieser kurzen Einleitung kommt Herr Stoye auf den Fakt zu sprechen, weshalb nur ein Neubau der Leitstelle in Frage kommt.

 

Die Firma Siemens hat vor längerer Zeit angekündigt, dass sie spätestens mit Beginn des Jahres 2025 nicht mehr im Geschäftsfeld der sogenannten BOS-Leitstellen (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) tätig sein wird.

 

Für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld bedeutet dies konkret, dass der bestehende Vertrag bis Ende 2021 läuft mit der Option einer Vertragsverlängerung für weitere drei Jahre. Das heißt, nach dem 31.12.2024 bedient Firma Siemens keine Leitstellen mehr im Rahmen von BOS.

 

Damit steht also für den Landkreis die Aufgabe, spätestens zum 31.12.2024 über eine neue funktionierende Leiststelle zu verfügen. In der Folge wurden verschiedene Varianten

untersucht, in deren Ergebnis 5 dieser Varianten näher betrachtet und analysiert wurden.

 

  1. Nutzung der Räumlichkeiten der ehemaligen Leitstelle (bis 2006) in der

Richard-Schütze-Straße 6 in Bitterfeld

 

·         Die Räumlichkeiten sind inzwischen aufgrund der Errichtung eines großen

Technikraumes vor ein paar Jahren nicht mehr ausreichend.

 

  1. Einbau der neuen Leitstelle in die jetzige Leitstelle

 

·         Eine neue Leitstelle in eine vorhandene Leitstelle bei laufendem Betrieb

Einzubauen, ist unmöglich.

 

  1. Aufstockung des jetzigen Leitstellengebäudes um eine Etage

 

·         Nach Rücksprache mit dem Bauamt und dem Statiker lässt dieses Gebäude eine Aufstockung aus statischer Sicht nicht zu.

 

  1. Aufgaben der Leitstelle einer anderen Gebietskörperschaft übertragen

 

·         Negative Wirkung für den Landkreis

 

·         kein Zugriff mehr auf die Aufgabenerfüllung,

kein Zugriff mehr auf die Koordinierung z. B. rettungsdienstlicher Einsätze

 

·         Großschadensereignisse oder Katastrophen werden in der Regel nicht von einer fremden Gebietskörperschaft koordiniert, das heißt, die Zuständigkeit liegt beim Landkreis selbst

 

  1. Neubau einer Leitstelle auf dem Gelände des BKR

 

·         Die Fläche des Geländes BKR lässt es zu, hier einen Neubau in einer

zweigeschossigen Bauform (Erd- und Obergeschoss) zu errichten.

 

·         Im Erdgeschoss ist die Unterbringung eines entsprechend großen

Technikraumes, der Räume für die Systembetreuer, Umkleideräume und

Toiletten und im Obergeschoss eines großen erweiterbaren Leitstellenraumes, der für mindestens sechs Leitstellentische und auch darüber hinaus ausgelegt ist, vorgesehen.

 

Bezüglich der zuletzt vorgestellten Variante „Neubau Leitstelle“ wurde bereits im letzten

Jahr durch das Amt für Hochbau, Tiefbau und Gebäudemanagement eine Kostenschätzung erarbeitet. Daraus resultieren diese 1.600.000,00 EUR Baukosten.

 

Im Weiteren wurde nach Einstellung der Mittel im Haushalt diese Thematik auch im Herbst 2019 im Rahmen der Haushaltsdiskussion auf politischer Ebene besprochen und diskutiert.

 

Damit war für das Fachamt klar, dass der Neubau Leitstelle zur Ausführung kommen kann, so Herr Stoye.

 

An dieser Stelle meldet sich der Landrat, Herr Schulze, zu Wort und lädt die

Kreistagsmitglieder nach Bitterfeld in die Leitstelle ein, so dass sich diese ein Bild über die dortige Situation und die unterbreiteten Vorschläge des Amtsleiters BKR direkt vor Ort

machen zu können.

 

Herr Wolkenhaar nimmt den Vorschlag gern an und teilt mit, dass Herr Northoff sicherlich eine Möglichkeit finden wird, einen Sonderbauausschuss in Bitterfeld durchzuführen.

 

An Frau Bunge gewandt, fragt Herr Wolkenhaar, ob das noch im Oktober reicht.

Frau Bunge teilt mit, dass der Zeitplan so ist, dass im Vergabeausschuss, in dem der

Vergabevorschlag unterbreitet wurde, die Planungsleistungen hätten vergeben werden

müssen. Das heißt, dass es keinen Handlungsspielraum mehr gibt.

 

Herr Schulze teilt mit, dass auch der Vergabeausschuss sich in Bitterfeld zu einer Sitzung versammeln kann, um sich die Gegebenheiten vor Ort anzuschauen.

 

Herr Schulze sagt klar und deutlich, dass der Landkreis eine eigene Leitstelle braucht;

zuallererst für die Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsmitteln und auch als

Reaktionszentrale in Krisenzeiten. Die Hochwasserkatastrophen 2002 und 2013 hätten

gezeigt, wie notwendig es ist, vor Ort über eine solche Einrichtung zu verfügen.

 

Herr Schulze appelliert noch einmal an die Ausschussmitglieder und bittet um entsprechende Unterstützung, da das im Landkreis Anhalt-Bitterfeld bestehende Leitstellenkonzept ein

gutes Konzept ist, das sich sowohl im Alltag als auch in Krisenzeiten bewährt hat.

 

Herr Wolkenhaar teilt mit, dass er die Vergabe von Mitteln für Planungs- und Bauleistungen im Vergabeausschuss nicht aus persönlichen Gründen zurückgestellt hat, sondern aufgrund noch offener Fragen. Zum Beispiel sollte man die Tatsache in Betracht ziehen, dass in

anderen Bundesländern Leitstellen aus Kostengründen und wegen anderer Parameter

zusammengelegt werden und vielleicht wäre es sinnvoll, auch hier mal über eine eventuelle Zusammenlegung der Leitstellen in Sachsen-Anhalt zu diskutieren.

 

Herr Schulze äußert dazu, dass man das machen könne, jedoch stellen sich in diesem

Zusammenhang die Fragen, zu welchem Zweck und wem ist damit gedient. Er bekräftigt noch einmal deutlich seine Meinung, dass es eine klare Zuständigkeit geben und diese auch vor Ort bleiben sollte.

Hier im Ausschuss steht eigentlich nur der Ersatz der Leitstelle zur Diskussion, die Frage ist in welcher Art und Weise.

Es müssen jetzt die Vorbereitungen getroffen und das Zeitfenster eingehalten werden aus vergabetechnischer und baulicher Sicht, um spätestens Ende 2024 eine funktionstüchtige Leitstelle zu haben.

Herr Schulze betont, dass ihm die Sicherheit der Bevölkerung zu wichtig sei und bittet von daher nochmals um entsprechende Unterstützung, dass dieses Vorhaben zeitnah umgesetzt werden kann.

 

Herr Wolkenhaar erklärt, dass man „Eigene Leitstelle“ und „Neubau Leitstelle“ ein Stück weit auseinanderhalten müsse und schließt sich der Meinung des Landrates an, dass die eigene Leitstelle nicht ohne gesetzliche Grundlage des Landes abgegeben werden sollte.

Worin jedoch sein Zweifel besteht, ist die Investition von wahrscheinlich knapp 2 Mio. € für eine neue Leitstelle, obwohl doch eigentlich nur die Technik erneuert werden muss.

 

Da sich Herr Wolkenhaar die Frage stellt, was mit dem Neubau passiert, wenn dieser

beispielsweise irgendwann aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht mehr als Leitstelle genutzt werden kann, bittet er um ein Nachnutzungskonzept / Vorschlag für das entstehende

Gebäude seitens der Verwaltung.

 

Herr Schulze informiert, dass Gebäude des Landkreises Anhalt-Bitterfeld im Normalfall

immer weiter genutzt werden.

Auch Herr Stoye lässt keinen Zweifel daran, dass es hinsichtlich einer eventuell möglichen Nachnutzung Probleme geben könnte, da ohnehin über zu wenig Räumlichkeiten für die Ausbildung im Rahmen der Brandschutzausbildung unserer Feuerwehrkameraden, der

Katastrophenschutzausbildung und auch des Personals des Rettungsdienstes verfügt wird.

 

Auch auf Anregung von Herrn Ehrlich schlägt Herr Wolkenhaar vor, dass diese Thematik noch einmal in den Fraktionen diskutiert und erörtert wird.

 

Herr Wolkenhaar teilt mit, dass er diesbezüglich zu den einzelnen Fraktionen Kontakt

aufnehmen wird, um zu erfragen, ob die Mitglieder mal eine Sitzung im Amt BKR abhalten wollen oder auch der nächste Vergabeausschuss oder BWV-Ausschuss in Bitterfeld tagen soll und um Rückmeldung bis nächste Woche bitten.

Parallel dazu wird Herr Wolkenhaar Herrn Northoff kontaktieren, ob dieser einen Sonder-BWV-Ausschuss durchführen möchte, der vor dem offiziell nächsten Termin 20.10.2020 stattfindet.

 

Herr Schulze bringt seinen Unmut deutlich zum Ausdruck und äußert, dass er die Intension nicht verstehe, denn man habe dieses Vorhaben im Rahmen des Haushaltes intensiv

diskutiert und bekräftigt abschließend noch einmal seine Überzeugung, dass ein Landkreis, eine Leitstelle, eine Zuständigkeit und eine Verantwortung braucht.

 

Nach weiterer langwieriger Diskussion zwischen Herrn Wolkenhaar und Herrn Schulze

bezüglich des vorgenannten Für und Wider zum Neubau der Leitstelle meldet sich Herr

Berkenbusch zu Wort und beantragt gemäß der Geschäftsordnung des Landkreises

Anhalt-Bitterfeld den Abbruch dieses Tagesordnungspunktes.

 

Daraufhin bittet Herr Wolkenhaar die Ausschussmitglieder um Abstimmung, ob dieser

Tagesordnungspunkt an dieser Stelle abgebrochen werden soll.

 

Durch die Mitglieder des Fachausschusses für Bau, Wirtschaft und Verkehr erfolgt die

Abstimmung mit

 

 6 Ja-Stimmen und 1 Gegenstimme.

 

Weitere während der Berichterstattung aufkommende Fragen und Anregungen der

Ausschussmitglieder wurden umfangreich diskutiert und direkt in der heutigen Sitzung von Herrn Stoye und Herrn Schulze ausführlich beantwortet; Anregungen wurden ebenfalls zur Kenntnis genommen.

 

                 19.10 Uhr verlässt Herr Honsa die heutige Sitzung.