Sitzung: 22.02.2022 Landwirtschafts- und Umweltausschuss
Zu Beginn seiner
Ausführungen informiert Herr Rößler über den aktuellen Sachstand zur
Geflügelpest und teilt Folgendes mit:
Seit dem 10.01.2022 gibt
es eine neue Risikoeinschätzung des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI)
hinsichtlich des HPAIV_H5 (hochpathogenes aviäres Influenza Virus mit
Hämagglutinin Typ 5 = Virus klassische Geflügelpest).
Laut Mitteilung des FLI
grassiert der Seuchenzug noch schlimmer als 2021.
Durch die Häufung der
Fälle und die Großflächigkeit, mit der dieses Virus auftritt, ist die
Bezeichnung nicht mehr epidemisch, sondern endemisch. Das heißt, mittlerweile
scheint sich dieses Virus hier etabliert zu haben. Problematisch ist, dass die
Wissenschaftler eine Dauerpräsenz in der Wildpopulation festgestellt haben und
dadurch ein sehr hohes Risiko der Einschleppung eingeschätzt wird.
Momentan ist der Stand
so, dass in der Europäischen Union über 750 Ausbrüche bei gehaltenem Geflügel
mit 15 Mio. Stück betroffenen Tieren in 23 Ländern (siehe Anlage: Karte
Map_AI_EU) zu verzeichnen sind. Besonders schwer betroffen sind das Vereinigte
Königreich und Frankreich.
Momentan gibt es ein
Massensterben von Wildvögeln an den Küstengebieten der Nord- und Ostsee.
Kritisch ist, dass das Virus aktuell auch bei Säugetieren (z. B. Seehunden)
nachgewiesen und auch eine Übertragung auf den Menschen möglich ist.
Aktuell ist die Lage so,
dass das Virus bei Wildvögeln in 12 Bundesländern nachgewiesen ist und bisher
über 50 Ausbrüche bei gehaltenem Geflügel registriert wurden. Die Schwerpunkte
liegen auch hier an der Nordsee- und Ostseeküste (siehe Anlage: Karte
Map_AI_D).
In Sachsen-Anhalt sind
bisher der Kreis Wittenberg (Herbst 2021) und die Kreise Salzwedel und Stendal
(2022) betroffen. Demzufolge ist in den Kreisen Salzwedel und Stendal bereits
eine Stallpflicht verordnet worden. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld gibt es
derzeit noch keine Stallpflicht.
Laut Beurteilung des FLI
wird das Risiko des Auftretens HPAIV im Landkreis Anhalt-Bitterfeld als hoch
eingeschätzt.
Problematisch wären hier
die wirtschaftlichen Folgen für die im Landkreis Anhalt-Bitterfeld ansässigen
Betriebe, insbesondere für die Wimex Agrarprodukte mit einer sehr hohen
Geflügeldichte (40 Farmen mit mehr als 10.000 Tieren und Brütereien) sowie für
den Entenschlachthof in Reuden-Süd.
Bei der Wimex werden
etwa 1,5 Mio. Stück Geflügel gehalten.
Im Landkreis macht das
in Summe ca. 2 Mio. Stück Geflügel.
Abschließend zu dieser
Thematik geht Herr Rößler auf die technischen Bekämpfungsmaßnahmen bei
Geflügelpest ein, teilt jedoch vorab mit, dass es diesbezüglich bereits am
heutigen Morgen einen Austausch vor Ort bei der Wimex gab, gemeinsam mit dem
Amtstierarzt und diversen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Fachbereiches Veterinärwesen und Verbraucherschutz (FB 39).
Herr Rößler teilt mit, dass bei
diesem Gespräch über den Fall des Auftretens des HPAIV diskutiert wurde und
welche Bekämpfungsmaßnahmen wie Sperrung, Beprobung, Desinfektion,
Gewährleistung Tierwarenverkehr etc. ergriffen werden könnten.
Das ist allerdings nur
mit einem begrenzten Personalbestand im Fachbereich 39 lösbar. Das heißt,
sollten mehr als 2 Ausbrüche gleichzeitig auftreten, wird es problematisch,
jedoch sei man momentan auch für diesen Fall auf der Suche nach Lösungen, so
Herr Rößler.
Zuletzt bezieht sich Herr
Rößler auf die in seinen Ausführungen erwähnten Anlagen (Kartenmaterial)
und teilt mit, dass diese der Niederschrift als Anlage beigefügt werden.
Während der
Berichterstattung aufkommende Fragen der Ausschussmitglieder wurden von
Herrn Rößler ausführlich
beantwortet.
Im Anschluss kommt Herr
Rößler auf die afrikanische Schweinepest (ASP) zu sprechen und
äußert an erster Stelle,
dass hier nicht die Frage steht, ob die afrikanische Schweinepest in unserer
Region auftritt, sondern wann dies geschieht.
Im weiteren Verlauf
seiner Ausführungen erläutert Herr Rößler den aktuellen Stand, bringt
aber vorab Folgendes in Erinnerung:
Die ersten Fälle der ASP
traten im Jahr 2014 im Baltikum auf. Im September 2020 waren bereits erste
Fälle in Deutschland in der Lausitz zu verzeichnen und im Jahr 2021 gab es
mittlerweile 2.709 positive Fälle bei Schwarzwild.
Aktuell gibt es zum Ende
Januar 2022 in Deutschland 218 befallene Wildschweine.
Heimtückisch an diesem
Virus ist, dass es sehr lange virulent ist. Das heißt, es hält sich durchaus
bis zu zwei Jahre im Boden und nutzt alle möglichen Verbreitungswege. Das ist
daran erkennbar, dass ASP viele Länder übersprungen hat, wobei sich dann die
Frage stellt, soll dieses Virus tatsächlich durch Wildschweine übertragen worden
sein. Nein. Das Virus kann an Autoreifen anhaften oder mit Essensresten (z. B.
Wildwurst) transportiert werden etc., was die ASP so gefährlich macht.
Finanziell wurden über
den Zeitraum der letzten 9 Jahre durch den Landkreis hohe Investitionen in die
materiell-technische Ausstattung für den Krisenfall (Tierseuchen) getätigt.
Es wurde Ausrüstung für
mehr als 150.000,00 € angeschafft, die überwiegend beim Fachbereich 38 (BKR) in
Bitterfeld eingelagert ist. Unter anderem wurden Reinigungsschaumbalken für PKW
und LKW, Vorrichtungen zur elektrischen Tötung von Tieren, ein Zwangsstand mit
Gatter, ein Allrad-PKW, Sattelauflieger und Abrollcontainer sowie mobile
Duschzelte zur Dekontamination von Personen beschafft.
Des Weiteren wurde eine
Sachverständigengruppe zur Bekämpfung der ASP gebildet. Diese setzt sich
zusammen aus der Jägerschaft, des Bauernverbandes, der Tierärzteschaft,
Vertretern der Verwaltung und dem Landrat.
Zum Schluss teilt Herr
Rößler mit, dass man sich momentan Gedanken über den Ablauf mache,
z. B. ist auch eine
Tierseuchenübung in Planung.
Außerdem informiert Herr
Rößler, dass es in Deutschland ein Reviersystem gibt. Die Einrichtung einer
Zone im ASP-Fall würde sich von rechtlicher Seite her als sehr problematisch
gestalten und Konflikte wären vorprogrammiert. Da dies jedoch ein breit
gefächertes Thema ist, geht Herr Rößler an dieser Stelle nicht weiter
auf Details ein und bittet die Ausschussmitglieder für auftretende Fragen zu
Wort.
Sämtliche
Anfragen der Ausschussmitglieder wurden von Herrn Rößler ausführlich
beantwortet.