Sitzung: 19.04.2022 Landwirtschafts- und Umweltausschuss
Herr Hennicke erteilt Herrn Külz,
Vorsitzender des Bauernverbandes Anhalt e.V. das Wort. Herr Külz begrüßt alle
Teilnehmer des Ausschusses und bedankt sich für die Einladung.
Herr Külz gibt einen Einblick in die Probleme der
Landwirtschaftsproduktion:
Die enorme Erhöhung der Diesel-Preise schlagen bei den
Frühjahrsbestellungen zu Buche, die Düngemittelpreise sind um das Drei- bis
Vierfache gestiegen, so dass die Betriebe teilweise überlegen mussten,
inwieweit die Düngung noch und wenn ja, in welchem Maße, durchgeführt werden
kann. Dies wird natürlich auch die Menge und auch die Qualität der Ernte
beeinflussen.
Die Betriebe in der Landwirtschaft werden von den erhöhten Preisen auf
dem Weltmarkt nicht profitieren können. Im Dezember 2021 kostete die Tonne
Weizen 280 Euro.
Im Moment kostet die Tonne schon 400 Euro.
Ebenfalls sind die Futtermittelpreise stark gestiegen. Im Landkreis sind
sehr wenige Betriebe, welche Milch produzieren, tatsächlich mussten sich
Betriebe schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen dafür entscheiden, die
Produktion einzustellen. Auch bei den Schweinezuchtbetrieben verhält es sich
nicht anders, zzt. existieren noch vier von zwanzig Betrieben. Grund dafür ist
neben den gestiegenen Preisen auch das Mitarbeiter-Problem. Neue Mitarbeiter zu
finden ist sehr schwierig, viele Leute, welche in Rente gehen, können nicht
ersetzt werden, weiterhin ist die Attraktivität des Berufes doch eher gering
(keine geregelten Arbeitszeiten, Wochenendtätigkeit). Viele Betriebe müssen
sich von einigen Produktionsrichtungen gänzlich verabschieden.
Erschwerend kommt dazu, dass immer mehr Normen und Richtlinien
einzuhalten sind, deren Umsetzung auch finanziell nicht mehr zu verwirklichen
ist.
Die Tierproduktion ist für die Kreislaufwirtschaft in der Landwirtschaft
extrem wichtig, z. B. für die Düngererzeugung. Tiere sind sowohl als
Nahrungsmittel wichtig als auch zur Nebenproduktegewinnung.
Insgesamt bessere Rahmenbedingungen und eine höhere Vergütung wären
dringend notwendig.
Selbstversorgung, gerade in der Ukraine-Krise, ist erstrebenswert. Wäre
generell möglich, wenn auch Stilllegungsflächen mit genutzt werden könnten.
5 % der Nutzungsflächen sollen für ökologische Flächen stillgelegt werden.
Diese Flächen hätte man für die Bestellung mit Getreide nutzen können. Dabei
wäre es wichtig, die Versorgungssicherheit für unsere Bevölkerung und auch für
andere Länder, bei denen die Gegebenheiten nicht so günstig sind, herzustellen,
z.B. Afrika, das von dem Getreide aus der Ukraine und Russland gelebt hat.
Zudem spielt der Pflanzenschutz eine große Rolle, damit auch weiterhin
hohe Qualitäten entstehen. Bei den gestiegenen Preisen wird auch Pflanzenschutz
zunehmend schwieriger.
Erschwerend kommt die bereits wieder eingesetzte Trockenheit hinzu.
Die dauerhafte und konsequente Nutzung der Biogasanlagen stagniert. Es
kann nur eine bestimmte Menge an Gas produziert werden. Diese
Bemessungsgrundlage müsste aufgelöst werden dann wäre genügend Strom aus den
eigenen Ressourcen verfügbar. Die eigenen Ressourcen lässt man zzt. teilweise
brach liegen.
Das nächste Problem ist der Mindestlohn, dieser steht ab Oktober an. Für
viele handarbeits-reiche Betriebe ist dies voraussichtlich der Anlass, die
Produktion einzustellen.
Zusätzlich muss das eigene Eigentum geschützt werden, es können nicht
immer mehr Flächen stillgelegt und kein Geld mehr damit verdient werden.
Weitere Themen sind natürlich der Klimaschutz und das Wolf-Problem.
Unmöglich ist es jede landwirtschaftliche Fläche einzuzäunen und somit
die Tiere vor Wolfsrissen zu schützen. Viele Tierhalter melden daher
Wolfsangriffe nicht mehr, da dies ein aussichtslosen Verfahren bedeutet.
Herr Külz bedankt sich für die Aufmerksamkeit und
teilt abschließend mit, dass durch den Landrat die Bildung eines
Kompetenzzentrums vorgeschlagen wurde, welches sich mit den Problemen in der
Landwirtschaft und deren Einstellung beschäftigt.
Herr
Hennicke bedankt sich für
die Ausführungen und erkundigt sich, bevor er das Wort an die große Runde gibt,
wie lange die Preise gebunden sind, und wer die Abnehmer sind, regionale
oder bundesweite?
Herr Külz antwortet, dass dies grundsätzlich
verschieden sei. Bei der Milch ist es so, dass längere Vertragsbindungen mit
den Molkereien bestehen, der Preis wird monatlich von der Molkerei festgelegt.
Landwirte haben bei der Preisfindung kaum Mitspracherecht.
Beim Schwein
wird der Durchschnittspreis in Hannover nach Bedarf ermittelt. Die Schlachthöfe
hier und in Norddeutschland richten sich danach. Der Preis wird monatlich,
sogar wöchentlich neu festgelegt.
Bei Getreide
wird der Preis nur einmal im Jahr durch große Händler festgelegt. Da besteht
die Entscheidungsfreiheit, auf den Preis einzugehen.
In diesem
Zusammenhang erläutert Herr Külz die momentane Situation der Hofläden.
Derzeit neigen die Einwohner unserer Region zu preiswerteren Produkten.
Herr
Schlegel erkundigt sich, wie
hoch ist die aktuelle Wirtschaftsgrenze, welche in der Biogasanlage produziert
werden darf?
Herr Külz teilt mit, dass ein Jahresbudget an KW
besteht, bei der Agrargenossenschaft Löberitz e. G. sind dies ca. 4,3 Mio KW,
welche man einspeisen darf.
Herr Külz erläutert, welchen Kontrollen und Prüfungen
eine Biogasanlage standhalten muss,
um ein
Nachhaltigkeitszertifikat zu erhalten.
Herr
Wallwitz erkundigt sich, bei
wie viel Prozent der Firmen der Gewinn aus der
Ernte schon vorher für
Betriebsmittel/Anschaffungen belastet ist.
Herr Külz kann dazu keine genauen Angaben machen.
Herr
Schildt erkundigt sich zum
Thema Biogasanlage, durch wen die Gaserzeugungsgrenze festgelegt wird.
Herr Külz teilt daraufhin mit, dass vom Verein die
Grenze festgelegt wird, wieviel man produzieren darf.
Auf Herrn
Hennickes Frage, ob ein Zielkonflikt zwischen Flächen, welche zur
Nahrungsmittelversorgung und Flächen, welche zur Verwendung für die
Biogasanlage genutzt werden, besteht, antwortet Herr Külz
folgendermaßen:
In der
Zörbiger Agrargenossenschaft ist eine Anlage in Betrieb, welche nur mit
nachwachsenden Rohstoffen (Mais, Getreide) unterhalten wird. Deutschlandweit
werden 1 Million Hektar Mais für Biogasanlagen angebaut. Der Anbau von Mais ist
äußerst nützlich, er sorgt für eine vielfältige Fruchtfolge, Mais produziert
großzügig Sauerstoff. In der Agrargenossenschaft Zörbig macht der Anbau von
Mais ca. 20 % der Fläche aus. Eine Konkurrenz zur Nahrungsmittelversorgung
besteht momentan nicht, man könnte auch teilweise diesen Mais als
Nahrungsmittel bzw. Futtermittel verwenden.
Herr
Wallwitz fragt nach der
Anzahl der vorhandenen Biohöfe in Sachsen-Anhalt und erkundigt sich außerdem
nach der Anzahl der Mitglieder des Bauernverbandes.
Herr Külz erläutert, dass einige Bauern sich nicht im
Bauernverband organisieren möchten, des Weiteren gibt es noch den Bauernbund
oder die Organisation der freien Bauern.
Insgesamt
60.000 Hektar sind im Bauernverband gebunden, das sind ca. 150 Betriebe im
Landkreis Anhalt-Bitterfeld.
Als Motivation
wurden von staatlicher Seite 400 Euro pro Hektar Öko-Prämie versprochen. Die
Agrargenossenschaft Zörbig e.G. hat selbst einen Ökohof in Salzfurtkapelle von
ca. 400 Hektar Größe gegründet. Der Absatz der Bioprodukte war letztendlich
jedoch schwierig. Es bedarf einer dreijährigen Umstellungsphase bevor die
Produkte tatsächlich als Bio-Produkte verkauft werden dürfen. Jetzt ist der
Ökohof in Salzfurtkapelle komplett umgestellt, die Bio-Förderung fällt weg. Ab
2023 wird die Agrargenossenschaft Zörbig e.G. wieder nur konventionell
produzieren. Dabei wird der Gewinn voraussichtlich höher ausfallen als bei der
Öko-Produktion.
Auch ist der
Markt für die Bio-Produkte nicht vorhanden, die Bürger wollen dafür nicht
zusätzlich Geld zahlen. Betriebe, welche auf Öko umgestellt haben, werden
teilweise wieder zurückgehen.
Herr
Wallwitz möchte wissen, ob
die 400 Euro pro Hektar für die Förderung der Biohöfe aus dem Landeshaushalt
kamen.
Herr Külz bestätigt, dass diese Förderung in
Sachsen-Anhalt ausgezahlt wurde, in anderen Bundesländern gab es diese Mittel
nicht.
Herr Loth erwähnte hierzu, dass diese Förderung, das
Ziel, ökologische Produktion anzukurbeln, erreicht hat. In Anbetracht dessen,
was von der EU diesbezüglich noch kommen wird, werden wir noch auf 30 % Öko
kommen müssen. In anderen Ländern wurde dies mit der Öko-Prämie ähnlich
praktiziert. Die Mittel für die Fördermittel setzten sich aus Resten
von
Fördermitteln aus der EU zusammen. Die Befürchtung, dass sich die Umstellung
nach Ablauf des Verpflichtungszeitraums verflüchtigt, bestand für ihn schon von
vornherein.
Letztendlich
ist hier auch der Markt nicht gegeben, und es stellt sich die Frage, ob diese
Fördermittel anderweitig nicht nützlicher gewesen wären.
Herr Külz informiert, dass z. Bsp. die Milchproduktion
auf Hof Pfaffendorf komplett auf Bio umgestellt wurde, die Bio-Milch konnte
nicht regional veräußert werden, mehr Absatz als für zwei Tage in der Woche ist
nicht vorhanden. Der Großteil der Bio-Milch wird bis Berlin verkauft.
Herr
Wallwitz meldet sich zu Wort
und möchte wissen, ob im Bauernverband auch Gemüsebauern organisiert sind. Gibt
es ein Programm, wo Gemüsebauern in Anhalt-Bitterfeld forciert werden?
Nach Auskunft
von Herrn Külz wird es in Zukunft aufgrund der Arbeitskräftesituation
und der Mindestlohndiskussion eher weniger Gemüsebauern geben.
Herr Loth äußert sich zur schlechten Allgemeinsituation der Gemüsebauern. Er erläutert die Problematik der Saisonarbeitskräfte. Der Aufwand ist weitaus höher als letztendlich der Gewinn.