Herr Hennicke fragt, ob Herr Krauel jetzt noch einmal, auch für die jetzt erst dazu gekommenen Mitglieder, Fragen beantwortet. Herr Krauel hatte schon bei der Besichtigung alle Fragen umfangreich beantwortet. Herr Hennicke bittet Herrn Krauel nochmal kurz die Möglichkeiten des Chemieparks zur Problematik der Energieversorgung und der aktuellen Energiepreiseentwicklung darzulegen. Herr Krauel erklärt, dass die Chemiepark GmbH, die PDenergy (THB), die KSR (Monoklärschlammverbrennungsanlage) und das Gemeinschaftsklärwerk selbst sehr gut aufgestellt sind. So läuft z.B. die Anlage der Monoklärschlammverbrennung (KSR) nahezu autark. Es ist eine eigene Turbine vorhanden, somit wird der Strom um die Klärschlammverbrennung betreiben zu können, selbst erzeugt. Anders sieht das bei vielen Ansiedlern aus, die hier im Chemiepark ansässig sind. Viele haben zum Glück in der Vergangenheit für mehrere Jahre Verträge abgeschlossen, so dass es eigentlich für das Jahr 2022 noch ganz gut aussieht. Weil dort Kontrakte aus 2019/2020 bestehen und sie noch zu guten Konditionen für 2021 und 2022 abgeschlossen haben. Bei dem Thema Preis kann es dann für 2023 kritisch werden. Alle prüfen, wie sie jetzt für 2023 Strom und Gas einsparen oder noch halbwegs wirtschaftlich günstig einkaufen können.

Das größere Thema am Standort ist das Thema Dampf, weil wir kaum eine gasintensive Industrie am Standort haben. Ein hoher Gasbedarf betrifft z.B. das Glaswerk. Die haben ein Problem, wenn sie sich nicht eindecken können. Die meisten Ansiedler sind aber Dampfabhängig. Dampf wird z.B. über die THB produziert. Aber auch von der Envia, über deren Gas- und Dampfkraftwerk. Die den notwendigen Dampf liefert und produziert, beziehungsweise auch die beiden Heizkessel, die dort laufen. Diese werden auch mit Gas beheizt bzw. betrieben. Daher könnte es sein, dass es zu Einschränkungen in der Gas- und Dampfversorgung kommt, sollte es zu Liefereinschränkungen oder einem Stopp in der Gasversorgung kommen, weil dann hier am Standort nur noch die THB liefern kann. Wir sind gerade dabei mit der Envia zu schauen, wie man das dann tatsächlich steuern kann, dass dann möglichst alle Ansiedler, vielleicht eingeschränkt, aber immer noch mit Dampf beliefert werden können. Die THB kann nicht für den kompletten Standort Dampf in der üblicherweise benötigten Menge liefern. Dazu ist sie einfach physikalisch nicht in der Lage. Deshalb hat aktuell auch Envia immer zu produziert. Sollte es da Einschränkungen geben, dass man eventuell Gaskraftwerke aus der Versorgung rausnimmt, um hier Gas einzusparen, um die Speicher zu füllen. Da muss man schauen, wie man am Standort entsprechend damit umgeht, um tatsächlich noch Dampf liefern zu können.

Auch wie man den Dampf an die Ansiedler in welchem Verhältnis liefert. Da sind wir in enger Abstimmung mit der Envia. Ab Juli ist da ein größerer Termin geplant, wo genau geschaut wird, dass A die Versorgung aufrechterhalten wird und B die Ansiedler tatsächlich mit Dampf weiter versorgt werden. Gespräche werden auch geführt, mit dem Ziel, wer kann wo und wie reduzieren. Hier am Standort ist nicht das Thema Strom, wie an anderen Standorten vorrangig. Und Gas ist eher indirekt betroffen für die benötigte Versorgung der Ansiedler mit Dampf. Wo Aluminium produziert wird, da wird extrem viel Strom benötigt. Die haben aktuell ganz andere Sorgen. Hier an unserem Standort ist das zum Glück nicht so extrem. Hier ist insbesondere das Thema Dampf sehr wichtig, da ist es wichtig dieses Problem gelöst zu bekommen, ohne dass es zu Ausfällen kommt, sondern maximal zu Produktionseinschränkungen. Nicht das Einzelne komplett aussteigen müssen.

 

Herr Hennicke fragt ob Knappheit von Erdöl / Erdgas als Grundstoff im chemischen Prozess eine weitere Herausforderung bedeutet?

Herr Krauel erläutert das sie das an der Stelle zum Glück nicht so stark haben. Das trifft tatsächlich nur bei dem Glashersteller zu. Der hat einen hohen Gasbedarf. Wenn dort tatsächlich Gas ausfiele, würde die Produktion wahrscheinlich sogar relativ schnell nicht nur eingeschränkt, sondern eingestellt werden müssen. Die übrigen Ansiedler sind nicht so abhängig davon, sondern für sie ist es viel wichtiger, den Dampf zu bekommen.

Herr Hennicke fragt, es gab vor 2 Monaten eine große Veranstaltung im Metalllabor. Herr Heine hatte dort angesprochen, dass es ein Problem in Ostdeutschland ist, dass man ein etwas anderes Versorgungsnetz hat. Man ist getrennt nach Gegenden und der Chemiepark ist beim Ausfall der Lieferungen aus Russland wesentlich stärker betroffen. Sie hätten technisch nicht die Möglichkeit sich in großen Mengen von anderen Quellen zu versorgen. Herr Krauel sagt dazu, das ist richtig. Leuna hat relativ schnell reagiert, sie wollen sich bis Ende des Jahres unabhängig machen. Es ist tatsächlich so, dass die Chemieparks in den neuen Bundesländern deutlich abhängiger waren, von russischem Gas und russischem Erdöl, als in den alten Bundesländern. Einfach durch das Leitungssystem, dass historisch entsprechend besteht. Leuna hat offensichtlich weitere Leitungen in Richtung Westen ziehen lassen bzw. sich angeschlossen. Für Flüssiggas braucht man noch die Terminals und auch die Tanker entsprechend. Der Standort Bitterfeld ist nicht so dramatisch abhängig von Gas und Erdöl, wie es Schwedt oder Leuna sind.

Herr Hennicke fragt, ob es weitere Fragen zum Thema gibt.

Herr Olenicak fragt, bei dem Rundgang wurde erwähnt, dass beide Verbrennungsanlagen betrieben werden. Die Frage ist nun warum wir unseren Hausmüll, der hier vor Ort anfällt, nicht hier in Bitterfeld verbrennen?

Aus verschiedenen Aspekten, finanziell und ökologisch wird sich gefragt, warum fahren wir den Hausmüll nach Magdeburg. Wenn wir doch hier eine Verbrennungsanlage mit hoher Kapazität vor Ort haben. Der Transport nach Magdeburg ist mit hohen Kosten verbunden, wieso bleibt der Müll nicht in Bitterfeld. Es ist einfach ökologischer Irrsinn, wenn Anlagen vor Ort da sind, den Müll nach Magdeburg zu fahren, mit mehreren LKW pro Tag.

 

Herr Krauel antwortet, es gibt ein Ausschreibungsverfahren. In dem Verfahren der Städte Halle/Leipzig zur Klärschlammverbrennung, die die KSR Ausschreibung gewonnen hat, war ein Bewertungsmerkmal die räumliche Nähe zum Entstehungsort des Klärschlammabfalls. Beim Preis waren wir tatsächlich nicht die Günstigsten. Aber wir haben Punkte geholt über das Thema Regionalität und CO2-Bilanz. Die Ausschreibung kann nicht gesteuert werden. Das entscheidet die Vergabestelle selbst. Wir geben Tipps, wenn danach gefragt wird. Das Thema Regionalität und CO2 war früher nicht zulässig. Jetzt dürfen solche Bewertungskriterien genutzt werden. Das darf auch punktemäßig bewertet werden. Das eben nicht immer nur der günstigste Preis gewinnen muss, sondern dass man auch weitere Kriterien hinzuziehen darf. Wenn es Bewertungskriterien wie z.B. weniger Verkehr auf den Straßen und weniger CO2 gibt, dann haben wir auch eine Chance solche Ausschreibung zu gewinnen. Herr Olenicak sagt, rein theoretisch müsste ja ihr Angebot wettbewerbsfähiger sein. Wenn ich die Transportkosten allein rechne, das betrifft nicht nur den Kraftstoff und die Fahrzeuge, sondern auch die Manpower die hinter dem Lenkrad sitzt. Herr Krauel antwortet, das hängt davon ab wie die Ausschreibung gestaltetet ist. Wenn das z.B. Losweise gemacht wird und die Speditionskosten gesondert gewertet werden. Regionalität muss in einer

Ausschreibung mit reingenommen werden. Wenn bestimmte Bewertungskriterien nicht mit aufgenommen werden, dann werden wir nicht gewinnen können. Es wird immer einen geben, der es billiger anbietet. Wenn es halbwegs seriös kalkuliert ist, dann haben wir Preise zwischen 70,00 € und 80,00 €. Wir haben aber auch schon Angebote am Markt – hier in der Mitverbrennung in Kohlekraftwerken - von 35,00 € gesehen. Dann können Sie überlegen wieviel sagen, wir vergeben es nach Bitterfeld, wenn sie es für diesen Preis im Kohlekraftwerk mitverbrannt bekommen. Es hängt davon ab, wie gestalte ich die Ausschreibung, welche Kriterien nehme ich auf, was ist mir wirklich wichtig. Wenn ich sage, mir ist der Gesamtprozess und die Gesamtbetrachtung wichtig, dann werden wir immer ein wettbewerbsfähiges Angebot in allen Bereichen abgeben können. Wenn jemand sagt, ich schaue nur darauf was ich jetzt ausgebe, dann werden wir nicht wettbewerbsfähig sein.