Sitzung: 19.03.2015 Sozial- und Gesundheitsausschuss
Zunächst informierte Herr Tiefenbach zu den aktuellen
Aufnahmezahlen für den Monat März.
Im Februar 2015 wurden in der
Zentralen Aufnahmestelle des Landes (ZAST) in Halberstadt 1.196 Asylsuchende
registriert, davon 1.012 Erstanträge. Zum 17. März liegen diese Zahlen bei 553
Anträgen. Daraus ergibt sich eine Hochrechnung für März 2015 von 1.000
Antragstellen für das Land Sachsen-Anhalt.
Auf den Landkreis entfallen
entsprechend der Aufnahmequote von 8,3% 75 Personen. Dies bestätigt die
bisherige Tendenz der Aufnahme von 60 bis 80 Personen im Monat.
Im Landkreis erfolgt die
Unterbringung in zwei Gemeinschaftsunterkünften (Friedersdorf und Marke) mit
einer Gesamtkapazität von 390 Plätzen und einer Belegung mit gegenwärtig 357
Personen.
Außerdem wurden durch den
Landkreis 104 Wohnungen angemietet mit einer Kapazität von 435 Plätzen und
einer Belegung mit 397 Personen. Außerdem gibt es noch weitere 29 Wohnungen,
die durch die Bewohner eigenverantwortlich angemietet wurden.
Der Landkreis verfolgt
grundsätzlich das Ziel der dezentralen Unterbringung in Wohnungen (ca. 3 bis 5
Personen in einer Wohnung). Die Ausstattung erfolgt auf der Grundlage und in
Anlehnung an die dazu vom Land erlassene
Unterbringungsrichtlinie.
Gegenwärtig wird im Landkreis an
der Erstellung eines Konzeptes für die Unterbringung von Flüchtlingen
gearbeitet. Dazu erfolgt zurzeit eine Kostenerhebung zur dezentralen
Unterbringung in Wohnungen, um in deren Ergebnis diese Kosten mit den
Aufwendungen in den Gemeinschaftsunterkünften zu vergleichen.
Außerdem wurde der
Betreuungsschlüssel für die in Wohnungen untergebrachten Flüchtlinge im
Landkreis auf 1:70 (Landesforderung für Gemeinschaftsunterkünfte 1:100)
festgelegt, um dem erhöhten Betreuungsaufwand gerecht zu werden.
Herr Tiefenbach verwies in
diesem Zusammenhang auch auf den noch bis Oktober 2015 bestehenden Vertrag mit
den EURO-Schulen Bitterfeld-Wolfen zur gesonderten Beratung und Betreuung hin.
Eine Neuvergabe ist für den Herbst 2015 vorgesehen.
Die Aufnahme von Flüchtlingen
erfolgt auf der Grundlage einer wöchentlichen Abstimmung mit der ZAST
Halberstadt. Dabei geht es insbesondere auch um die familiäre Struktur, ob es
sich um Familien mit schulpflichtigen Kindern handelt, die dann in Wohnungen am
Standort in Bitterfeld-Wolfen untergebracht werden. Das hängt aber auch von der
konkreten Wohnungsmarktsituation ab. Nicht alle Wohnungsanbieter sind bereit
diese Personengruppen in ihre Wohnungen aufzunehmen.
Herr Dr. Klumpp fragte dazu an, wie im Landkreis mit minderjährigen Flüchtlingen
verfahren wird.
Herr Tiefenbach führte dazu aus, dass diese Flüchtlinge, die als unbegleitete
minderjährige Personen bezeichnet werden, nur im Einzelfall bisher im Landkreis
Bedeutung hatten. Diese Personen werden an die Clearingstelle in Magdeburg
weitergeleitet. Von dort werden dann die erforderlichen Maßnahmen getroffen
(Suche nach Angehörigen – Eltern oder Verwandte, Klärung der Personalien).
Diese Verfahrensweise soll im Land auch künftig weiter Anwendung finden.
Frau Zoschke ergänzte dazu, dass die Clearingstelle in Magdeburg personell um
eine Stelle aufgestockt wurde und der Verein Refugium e.V. mit der Aufgabe
betraut wurde, diese Personen zu betreuen.
Frau Mädchen bat um eine Aussage, auf welche Standorte die 104 genannten
Wohnungen territorial verteilen.
Herr Tiefenbach führte dazu aus, dass sich der überwiegende Teil der Wohnungen in
Bitterfeld-Wolfen befinden, aber auch in Sandersdorf, Löberitz (3Wohnungen) und
in Aken (10 Wohnungen). Es gibt ein Angebot aus Zerbst, eine vertragliche
Bindung liegt allerdings noch nicht vor. Herr
Tiefenbach sagte zu, eine entsprechende Übersicht für das Protokoll zu
erarbeiten.
Herr Hövelmann fragte nach, wie sich die durchschnittliche Verweildauer in den
Wohnungen darstellt.
Herr Tiefenbach erläuterte dazu, dass dies sehr abhängig von der Herkunft der
Personen ist und wie schnell erforderliche Unterlagen, die erforderlich für
eine Rückkehr sind, aus den Herkunftsländern beschafft werden können. Eine
Durchschnittszahl kann er daher nicht nennen.
Insbesondere bei Personen aus
den Balkanstaaten ist festzustellen, dass verstärkt der Wunsch zur Rückkehr
geäußert wird.
Frau Zoschke bat Herr Tiefenbach um eine Liste, aus der die Herkunft der im
Landkreis aufgenommenen Flüchtlinge hervorgeht.
Weiterhin fragte sie an, welche
Sprachkompetenz in der Ausländerbehörde besteht.
Herr Tiefenbach erwiderte, dass neben englischen ab 01.04.2015 auch französische
Sprachkenntnisse vorhanden sind. Die Ausländerbehörde begrüßt das neue
biworegio-Projekt „Dolmetscherpool“ und würde im Bedarfsfall auch darauf
zurückgreifen - allerdings nicht bei Krankenbehandlungen und in den Fällen, bei
denen vereidigte Dolmetscher erforderlich sind.
Herr Dr. Klumpp fragte nach einer Statistik über den Verbleib von
bleibeberechtigten Flüchtlingen. Eine solche Statistik gibt es nicht.
Der Anteil der Anerkennungen ist
allerdings von 3% in der Vergangenheit auf ca. 10% bis zu 20% angestiegen.
Herr Hövelmann fragte zur Situation beim erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt
an.
Herr Tiefenbach erläutere dazu, dass bei vielen Flüchtlingen das Interesse zur
Arbeitsaufnahme vorhanden ist. Leider ist aber auch festzustellen, dass sich an
den Zugangsvoraussetzungen, trotz der erfolgten Gesetzesänderung, nichts
geändert hat. Die Versagungsgründe sind bei vielen Flüchtlingen erfüllt, so
dass eine Arbeitserlaubnis aus ausländerrechtlichen Gründen nicht erteilt
werden kann.
Die Ursache, dass eine Arbeit
nicht aufgenommen werden kann liegt also oft bei den betroffenen Personen
selbst. Die Identität ist nicht geklärt und es mangelt sehr häufig an der persönlichen
Mitwirkung bei der Ausreise, was ebenso ein Versagungsgrund ist.
Herr Dr. Dr. Gueinzius fragte nach den Hauptgründen für die Nichtanerkennung des
Flüchtlingsstatus‘ und nach den Gründen für die steigende Anerkennungsquoten.
Herr Tiefenbach nannte insbesondere folgende Gründe, wie bspw. die Herkunft aus
sicheren Drittstaaten oder unklare Einreisegründe, die im Rahmen von Anhörungen
geklärt werden.
Herr Hövelmann sieht die Ursachen für steigende Anerkennungsquoten insbesondere
in der gegenwärtigen politischen Situation im Nahen Osten, im Irak, im Sudan,
in Afghanistan und anderen Staaten.
Herr Tiefenbach bot an, dazu eine Übersicht zu erarbeiten.
Herr Seydewitz berichtete über einen Besuch in der Gemeinschaftsunterkunft in
Marke. Er hat dabei feststellen müssen, dass das Interesse an den angebotenen
Deutschkursen gering ausgeprägt ist. Kritisch erwähnte er auch, dass eine
Vielzahl von Personen nicht regelmäßig in der Gemeinschaftsunterkunft lebt.
Auf Anfrage von Frau Zoschke erläuterte Herr Tiefenbach, dass grundsätzlich für
alle Bewohner der Gemeinschaftsunterkünfte die Möglichkeit besteht, in
Wohnungen umzuziehen. Er stellte aber auch fest, dass viele Bewohner gar nicht
das Interesse haben, umzuziehen.
Herr Berger berichtete über einen Besuch in der GU Marke und bestätigte dass
die vorhandenen Angebote nur in geringem Maße angenommen werden. Als
Bürgermeister in dieser Kommune konnte er außerdem feststellen, dass eine hohe
Fluktuation in der Gemeinschaftsunterkunft zu verzeichnen ist.
Abschließend dankte Frau Zoschke Herrn Tiefenbach für seine Ausführungen.