Sitzung: 06.10.2022 Kreis- und Finanzausschuss
Herr Roi bezog sich auf die ansteigenden Sozialleistungen
und die Flüchtlinge aus der Ukraine, die seit 01.09.2022 über das SGB II
laufen. Dem Landkreis entstehen erhebliche Kosten. Kann man das gegenüber dem
Bund beziffern? Letztendlich ist es nichts anderes als eine Kostenabwälzung auf
die Kommunen.
Herr Krüger erklärte, dass der Rechtskreiswechsel ab
01.06.2022 bestand. Die Kosten für SGB II Leistungsbezieher wird vom Bund
vollumfänglich erstattet. Kosten des Landkreises sind im Bereich der Kosten der
Unterkunft erheblich. Hier geht man im nächsten Jahr von erheblichen
Kostensteigerungen aus, die aber explizit nicht auf die Flüchtlinge
zurückzuführen sind, sondern auf den Anstieg der Kosten für Unterkunft, Bereich
Energie (Heizung). Der Bund beteiligt sich mit knapp 75 % an den Kosten. Das
bedeutet, dass Mehrkosten entstehen und man auf Grund von Zugängen in das SGB
II den Landkreis belastet. Die Bundesländer haben den Bund auf diese
Problematik hingewiesen und fordern die Kostenbeteiligung ein, um die zusätzlichen
Lasten auszugleichen. Alles, was bei KdU mehr ausgezahlt wird, betrifft zu 25%
erstmal den Landkreis.
Herr Roi bezog sich auf einen Zeitungsartikel „1.600
Schüler sind nicht auffindbar in Sachsen-Anhalt“. Der Landkreis
Anhalt-Bitterfeld wurde explizit benannt, dass dort Kontrollen stattfinden
sollen. 1.600 Schüler, die schulpflichtig sind, tauchen nicht auf. Wurde in
Anhalt-Bitterfeld etwas gemacht? Sind die Schüler hier? Was ist der Grund
dafür, dass sie in den Schulen nicht auftauchen?
Herr Böddeker erklärte, dass es eine hohe Zahl von
schulpflichtigen ukrainischen Kindern gibt, die nicht zur Schule gehen. Es gibt
eine hohe Dunkelziffer. Diejenigen, die keine Leistung beziehen, sind nicht
zwingend bei uns. Es gibt landesweite Kontrollen und verschiedene Lösungsmöglichkeiten.
Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld wird ganz spät davon betroffen sein, weil die
Schulpflicht in einem hohen Maß erfüllt wird. Im Moment passiert noch gar
nichts.
Herr Roi gab an, dass nur diejenigen einen
Leistungsanspruch haben, die hier sind. Er fragte, ob sie überhaupt hier sind.
Es gab 128 Busverbindungen aus Sachsen-Anhalt. In 11 Tagen waren alle
ausgebucht nach Lettland und Kiew.
Herr Böddeker gab an, dass es sich um Fake-News handelt. In
Einzelfällen wird es Missbrauch geben. Es gibt weder in unserem Landkreis noch
bundesweit Hinweise, dass es in der Ukraine einen vermehrten Missbrauch gibt.
Es gibt einen sehr geringen Anteil an schulpflichtigen Kindern und
Jugendlichen, die nicht zur Schule gehen. Die Dunkelziffer betrifft die, die
keine Sozialleistungen beziehen. Es gibt eine Möglichkeit, hier als Tourist
auffällig zu sein. Dann besteht erst einmal keine Schulpflicht. Für diejenigen,
die Sozialleistungen beziehen und als Ausländer registriert sind, besteht ab
einer gewissen Dauer eine Schulpflicht, aber registriert werden sie nicht mit
dem Thema, welche Klasse sie besuchen müssen. Es gibt einen großen Bereich
derjenigen, die eingeschult werden, wo man nicht genau weiß, ob sie wirklich
schon schulpflichtig sind oder nicht. Es gibt hierzu keinen Datenabgleich. Es
gibt wenig Schüler, von denen man weiß, dass sie nicht zur Schule gehen. Es
wird vom Land, sehr spät, überprüft.
Herr Kalisch bezog sich auf das BIG-Hotel in Wolfen. Wie ist
der neueste Stand in der Verhandlung? Welchem Budget werden die eventuell
anfallenden Kosten zugeordnet?
Herr Grabner bat darum, die Frage im nicht öffentlichen Teil
unter Punkt 18 erneut zu stellen.
Herr Wolkenhaar fragte, ob es erfasst wird, ob Flüchtlinge
(Ukraine) aus anderen, sicheren Herkunftsstaaten kommen. Es soll vermehrt
Anmeldungen ukrainischer Flüchtlinge aus Schweden und Österreich geben. Kann
man erkennen, wo diese Flüchtlinge vorher gewesen sind? Wird dies erfasst, so
dass Sozialtourismus ausgeschlossen werden kann?
Herr Böddeker erklärte, dass es sich bei dem geschilderten
Problem von Herrn Roi um ein ganz anderes handele. Hier sollen Flüchtlinge
herkommen, sich anmelden, zurück in die Ukraine fahren und dann weiter Geld
beziehen. Das hat sich als reine Propaganda der Russen erwiesen, so Herr
Böddeker. Dies sei nachweisbar falsch. Bezüglich der Frage von Herrn Wolkenhaar
sagte Herr Böddeker, dass es sich hierbei um sichere Herkunftsstaaten handelt,
im Normalfall kann nachvollzogen werden, wo jemand eingereist ist. Im
Normalfall reist der Ukrainer (z. B. durch Polen) nach Deutschland und
beantragt dann hier Asyl oder bezieht automatisch Leistungen nach dem SGB II.
Das hat aber nichts mit Sozialmissbrauch zu tun.
Weiter sagte Herr Wolkenhaar, dass Elterngeldanträge im Landkreis lange
Bearbeitungszeiten haben (zw. 4 und 6 Monaten). Er fragte, inwieweit die
Bearbeitung beschleunigt werden kann, was sind die Gründe hierfür und wie lange
wird dieser Zustand so noch andauern?
Herr Grabner antwortete, dass ca. 400 offene Anträge im Bereich
Bundeselterngeld vorliegen, momentane Bearbeitungszeiten sind leider sehr
lange. Im zuständigen Fachbereich werden derzeit Umstrukturierungen
vorgenommen, hiermit sollen dann bis Jahresende die Anträge abgearbeitet
werden.
Herr Egert sagte zum Thema Corona, dass bei der
Bürgermeisterrunde beim SGSA dargelegt wurde, dass es derzeit beim Landkreis
keinerlei Notwendigkeit gibt, Vorbereitungen zu treffen. Er fragte, ob es eine
Übersicht oder eine Abfrage des Landkreises bei den Hausärzten gibt, wer welche
Impfungen anbieten würde?
Herr Böddeker sagte, dass es beim Landkreis erhebliche Vorbereitungen
für den anstehenden Winter gibt, dazu gehöre aber nicht die Abfrage, welche
Hausärzte tatsächlich impfen. Zum einen weiß man nicht, wie viele Menschen sich
tatsächlich impfen lassen werden, im Moment ist (gemäß Empfehlung Stiko) nur
ein geringer Anteil betroffen. Würde die Nachfrage nach Impfungen so immens
steigen, dass die Hausärzte es nicht mehr schaffen, dann wird über ein
Impfzentrum nachgedacht werden. Ein Grund für eine Abfrage sieht Herr Böddeker
derzeit nicht, da die meisten Hausärzte impfen.
Herr Roi sagte zur Asylproblematik, dass es hier
Mehrfachidentitäten gab bzw. wurde sich hier mehrfach angemeldet. Er fragte,
wie sich das bei der KomBA-ABI verhält. Ist dies ausgeschlossen?
Weiter fragte Herr Roi, ob es beim Landkreis Dokumentenprüfgeräte gibt, um die
Echtheit der Papiere der eingereisten Flüchtlinge zu überprüfen.
Zum Thema Wohngeld fragte er, wer hier zuständig ist. Welche Rolle spielt die
Gemeinde, Stadt vor Ort? Hintergrund ist, dass viele Leute nicht wissen, wo sie
sich hinwenden sollen. Sind die Bürgerbüros des Landkreises die erste
Anlaufstelle und gibt es hier seitens des Landkreises Überlegungen, dass
Beratungstermine vor Ort vergeben werden für die hohe Zahl an hinzukommenden
Bürgern aufgrund der gestiegenen Nebenkosten?
Zum Thema Elterngeld trug Herr Roi ein konkretes Beispiel vor, dass bei der
Beantragung durch eine Mitarbeiterin der Elterngeldstelle mitgeteilt wurde,
dass die Lohnsteuerbescheinigung des Mannes nicht notwendig sei, im Nachgang
aber ein Brief einging, wo die Lohnsteuerbescheinigung dann doch eingereicht
werden sollte. Hierdurch verlängern sich auch die Bearbeitungszeiten. Herr Roi
regte an, dass hier dringend mit den Mitarbeitern gesprochen werden sollte, um
solche Missverhältnisse zu vermeiden.
Herr Grabner stimmte zu, dass es im Hinblick auf notwendige Unterlagen
bzw. getroffene Aussagen Irritationen gab, diese wurden aber bereinigt. Es gab
Gespräche mit den zuständigen Mitarbeitern, um auszuschließen, dass es zu
unbegründeten Nachforderungen von Unterlagen und damit zu zeitlichem Verzug
kommt. Herr Grabner sicherte zu, dass Herr Grimm dieses Thema nochmals in
seinem Fachdienst aufgreift.
Zum Wohngeld sagte Herr Grabner, dass es Anlaufstellen in den Bürgerbüros gibt,
es wird derzeit geprüft, ob es das im Hause befindliche Personal schafft oder
der Bereich noch aufgestockt werden muss.
Herr Böddeker antwortete, dass alle Ausländer (die keine Touristen sind)
bundesweit einheitlich im Ausländerzentralregister erfasst werden, d. h. die
Doppel- oder Dreifachmeldungen in verschiedenen Kreisen und kreisfreien
Städten, welche tatsächlich vorkamen, setzen voraus, dass jemand jeweils einen
anderen Namen angibt und typischerweise keine Papiere hat. Hierdurch kann es
dann zu Mehrfachanmeldungen kommen. Die ukrainischen Flüchtlinge kommen aber
mit Papieren. Herrn Böddeker ist kein Fall bekannt, dass ein Ukrainer oder eine
Familie gekommen ist und ihre Papiere möglicherweise auf der Flucht verloren haben.
Diese werden also auch registriert, egal ob sie Leistungen erhalten oder nicht
und werden dann im Ausländerzentralregister bundesweit hinterlegt und können
sich nicht mehr illegal woanders anmelden.
Ein falscher Pass sei grundsätzlich nie auszuschließen, allerdings kommt dies
selten vor, da die Pässe mittlerweile sehr sicher sind. Die Mitarbeiter sind
gut geschult und können Unstimmigkeiten bei Papieren erkennen. Bei Zweifeln an
der Richtigkeit von Papieren gibt es die Möglichkeit, diese beim technischen
Polizeiamt einzureichen, welche dann dort untersucht werden.
Herr Krüger erklärte zur Rechtslage im SGB II, dass es jedem SGB II
Leistungsempfänger möglich ist, sich tatsächlich außerhalb des sogenannten
zeit- und ortsnahen Bereiches aufzuhalten. Die Personen im SGB II müssen dies
anzeigen, es stehen ihnen in der Regel gesetzlich bis zu 3 Wochen zu.
Weiter sagte Herr Krüger, dass grundsätzlich die Landkreise, kreisfreien
Städte und Gemeinden über 20.000 Einwohner für das Wohngeld zuständig seien.
Herr Heeg ergänzte, dass die Städte Köthen und Bitterfeld-Wolfen je ein
eigenes Wohngeldamt haben.
Herr Krüger ergänzte weiter, dass die Bürger auch beim Landkreis einen
Antrag stellen können. Im SGB I ist geregelt, dass die unzuständige Behörde
diesen Antrag umgehend an den zuständigen Leistungsträger weiterleiten muss.
Als Zeitpunkt der Antragstellung gilt die Antragstellung beim unzuständigen
Leistungsträger.
Zum Wohngeld beim Landkreis sagte Herr Krüger, dass aufgrund der
Prognosen des Bundes der Landkreis personell aufgestockt wird. Es wurden
befristete und unbefristete Stellen bereits besetzt oder befinden sich derzeit
noch in der Ausschreibung.
Alle Wohngeldempfänger, die aktuell im Leistungsbezug sind, wurden vom
Landkreis angeschrieben und auf Hilfemöglichkeiten hingewiesen.
Herr Dittmann fragte zur Prüfung, inwieweit eine personelle
Verstärkung für die Annahme und Beratung von Wohngeldanträgen erforderlich sei?
Im letzten Kreistag wurde gesagt, dass die Stellen schon ausgeschrieben sind,
die Prüfung wäre somit schon abgeschlossen und gemäß Herrn Krüger wird
versucht, die Stellen entsprechend nachzubesetzen. Sind das zwei verschiedene
Angelegenheiten?
Herr Grabner antwortete, dass es sich hier um zwei verschiedene
Positionen handelt. Er sprach rein von den Bürgerämtern, die sowohl in
Bitterfeld bestenfalls mit 4 Mitarbeitern, in Köthen mit 3 Mitarbeitern und in
Zerbst mit 3 Mitarbeitern ansässig sind.
Herr Wolkenhaar fragte bezüglich des ungewissen Winters
(eventuelle Stromausfälle) an, inwieweit die Landkreisverwaltung in der Lage
ist, eine Noteinspeisung vorzunehmen, um die wichtigsten Sachen am Laufen zu
halten? Gibt es einen Plan für Notfälle, bereitet sich der Landkreis mit einer
Notinfrastruktur darauf vor?
Herr Grabner sagte, dass diese Anfrage ein Stück weit relativiert werden
muss. Handelt es sich um einen Stromausfall, der immer mal auftreten kann, oder
um einen Blackout, welcher sich über mehrere Tage oder sogar Wochen ziehen
kann. Sollte dies der Fall sein, braucht man sich um eine Notversorgung der
Landkreisverwaltung keine Gedanken machen.
Es werden bestimmte Eventualitäten gemeinsam mit dem Fachbereich BKR durchgespielt, es wurde geschaut, inwieweit unsere Liegenschaften mit welchen momentanen Versorgern bestückt sind. Handelt es sich um Gasheizungen, Elektroheizungen, etc., werden bestimmte Szenarien vorbereitet, um dann ggf. dort vorbereitet zu sein.
Es gab keine weiteren Anfragen.