Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 40, Enthaltungen: 3

Der Kreistag des Landkreises Anhalt-Bitterfeld beschließt die überplanmäßigen Aufwendungen für den Fachbereich Kinder, Jugend und Familie in Höhe von 2.725.000,00 EUR für das Haushaltsjahr 2023, damit die Aufgabenerfüllung im Bereich der Hilfen zur Erziehung gewährleistet werden kann.

 


Herr Roi bat um eine Erklärung zu den Kostenexplosionen. Es gab dies bereits im Zusammenhang mit der Erweiterung der Förderschule in Bitterfeld. Hier redet man von 225 Hilfefällen und 16,1 Mio. Euro insgesamt. Was sind die Ursachen. Sind hier auch der Bereich Uma‘s mit drin? Sind hier die Folgen der Corona-Maßnahmen die Ursache, welche bereits in einem Statement des Landrates angesprochen wurden. Woran liegt es, dass man hier solch einen Aufwuchs hat und eine derartige Kostenexplosion, die einem die Luft zum Atmen nimmt?

Herr Grabner erklärte, dass uns alle Träger aufgefordert haben, neu zu verhandeln. Es mussten neue Verträge mit dem Träger abgeschlossen werden. Diese sind deutlich höher, als sie ursprünglich waren. Das hängt auch mit den Tarifsteigerungen und der Corona-Sonderprämie zusammen, welche die Träger auch zahlen. Andererseits ist es ein Aufwuchs bei der Unterbringung.

Es wurde eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich mit verschiedenen Punkten auseinandersetzt. Das betrifft auch die gesteigerte Beschulung in den Förderschulen und grundsätzlich die sozialen Schwerpunkte. Man wird hier fachbereichsübergreifend Erkundungen anstellen, um dann ggf. Maßnahmen treffen zu können.

Herr Grimm äußerte, dass die Kostensteigerung zu erwarten war, aber letztendlich nicht beziffert werden konnte. Mittlerweile haben alle Träger von sozialen Einrichtungen die Betreuungsverträge gekündigt und neu verhandelt. Man hat eine Preisexplosion im Energiesektor, die Einmalzahlungen und die Personalkostenerhöhungen mit reinnehmen müssen. Man hat eine Erhöhung der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen aus Notsituationen i.H.v. 40% im Vergleich zum Vorjahr. Die Finanzierung für Pflegekinder habe sich erhöht. Es gibt eine Pflegegeldtabelle, eine Empfehlung des Landes Sachsen-Anhalt, welche immer sehr zurückhaltend war. Im nächsten Jahr kommt es nach vielen Jahren zu einer drastischeren Erhöhung, durch die Energiepreiserhöhung und Lebensmittelkostenerhöhung. Mittlerweile haben wir über 200 Pflegekinder. Das wird sich ab Januar wiederfinden. Deshalb deutete der Landrat auch an, dass im Bereich Kinder- und Jugendhilfe diese Erhöhung vorgesehen ist. Die Verordnung liegt jedoch noch nicht vor, so dass man sich nur auf mündliche Aussagen verlassen kann.

Weiterhin ist ein Anstieg zu verzeichnen auf 200 Heimkinder, welche sich in Hilfe zur Erziehung befinden. Vor einem Jahr hatten wir etwa 11 Unbegleitete minderjährige Ausländer in den Einrichtungen, mittlerweile sind es 64, Zuweisungen für ca. 10 liegen vor. Diese dürfen nicht in Mannschaftsunterkünften untergebracht werden, sondern sie haben einen Rechtsanspruch und man ist verpflichtet, sie in Jugendhilfeeinrichtungen unterzubringen. Diese haben einen Anspruch an Ausstattung und Personal und müssen vom Landesjugendamt als Betriebserlaubnisbehörde genehmigt werden. Mittlerweile sind im Landkreis alle Plätze belegt und man muss sich Gedanken machen über weitere Unterbringungen.

Herr Roi bezog sich auf die UmA’s und fragte, ob nach wie vor keine Altersfeststellung stattfindet. Wie sieht hier die Erstattungsquote aus? Die Pro-Kopf-Pauschalen sind laut Herrn Böddeker ausreichend. Es ist fraglich, ob derjenige unter 18 Jahre ist. Man kennt einige Fälle, wo es nicht der Fall war. Wie hoch, in Prozent gesehen, ist die Erstattungsquote für diese bald 74 Jugendlichen.

Bei 40% Aufwuchs bei den Kindern, die in Sachsen-Anhalt eine besondere Betreuung brauchen würde ihn interessieren, ob es daran liegt, dass die Kinder auf Grund der Corona-Krise Nachteile in der Sozialkompetenz haben und nicht mehr schulfähig sind. Es sollte mal ausgesprochen werden, was den Kindern hier nicht nur an seelischen, sondern auch finanziellen Folgen entstanden sind. Der Landkreis müsste eine Rechnung aufmachen Richtung denjenigen, die diese Maßnahme getroffen haben. Das ist in allererster Linie die Bundesregierung. Man wird alleingelassen. Er möchte, dass das im Landkreis mal aufgearbeitet und beziffert wird, was dann am Ende übrigbleibt und nicht erstattet wird. Diese Zahlen müssen dem Land und Bund gegenüber mitgeteilt werden. Es sind mittlerweile Größenordnungen, die man keinem Bürger mehr vermitteln kann.

Herr Grimm sagte, dass die Erhöhung um 40% auch die UmA’s beinhaltet, die man nicht separat als Inobhutnahme von UmA’s ausweisen können. Wegen den Corona-Maßnahmen ist man nicht in der Lage, das im Landkreis wissenschaftlich aufzuarbeiten. Man sieht Vernachlässigungstendenzen. Es sind mehr Kinder da, die größere Beeinträchtigungen haben. Die Tendenz war vor Corona schon da. Im Bereich der Eingliederungshilfe gab es viele psychisch Erkrankte. Teilleistungsstörungen sind eine stetige Entwicklung. Man hat einen Mehrbedarf für solche Hilfen, aber die Ursachen dafür wurden nicht untersucht.

Bei der Kostenerstattung für UmA’s ist die Erstattungsquote relativ hoch, wenn man sich an die gesetzlichen Vorschriften hält. Per Zuweisungsbescheid bekommt man Kinder- und Jugendliche zugewiesen. Innerhalb bestimmter Zeiten muss man dem Familiengericht anzeigen, dass dieser Jugendliche da ist und einen Vormund braucht. Somit wird der Vorgang eröffnet. Die Träger der Jugendhilfe rechnen dann beim Landkreis ab mit Kostennachweisen, Kassenzetteln etc. Zu Beginn des Prozedere wird eine Kostenübernahmeerklärung durch das Land eingeholt. Somit bekommt man alles was anfällt, plus einer Verwaltungskostenpauschale, erstattet.

Die Altersfeststellung ist vom Willen und der Zustimmung des Jugendlichen abhängig. Bei Ablehnung muss ein Gerichtsbeschluss herbeigeführt werden und man muss dem Gericht nachweisen, wo unsere Anhaltspunkte liegen, dass dieser Jugendliche wirklich älter ist als 18 Jahre. Ansonsten laufen sie mit der Altersangabe durch, die sie hier angeben, da im Regelfall keine Papiere vorliegen. Auffällig ist, dass sich die Herkunftsländer herauskristallisieren. Man hat jetzt viel Afghanistan und Türkei im Asylbegehren.

Herr Grabner erklärte, dass man stark davon ausgeht, dass ein gewisser prozentualer Anteil sowohl an der Förderschulbeschulung als auch an der Erhöhung der Sozialfälle schon in engem Zusammenhang mit der Corona-Situation insgesamt bestehen. Die Kinder der Arbeitslosen hatten keinen Anspruch auf einen Kita-Platz. Die Kinder mussten zu Hause untergebracht werden. Hier geht man davon aus, dass perspektivisch ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist.

Auch die Schuleingangsuntersuchung wurden zum Teil nicht wahrgenommen, wo bereits empfohlen wird, die Kinder auf einer normalen Schule oder einer Förderschule zu beschulen.

Man versucht hier eine Lösung zu finden, um die Kinder, die nichts dafür können, wieder in einen normalen Lebenszyklus führen zu können.

 

Die Vorlage 0861/2023 wurde einstimmig mit 40 Ja-Stimmen, bei 3 Enthaltungen, bestätigt.