Sitzung: 15.02.2024 Kreistag
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 32, Nein: 10, Enthaltungen: 5
Vorlage: BV/0931/2024
Der Kreistag Anhalt-Bitterfeld beschließt das vorliegende Programm „Programm zum Abbau der Liquiditätskredite im Zeitraum 2018- 2026 – Fortschreibung bis 2032“.
Herr Wolpert schlug vor, in der Diskussion die TOPs 10.3 und 10.4 zusammenfassen, dann aber getrennt abzustimmen. Hiergegen regte sich kein Widerstand.
Der stellvertretende Landrat, Herr Krüger, hielt anhand beiliegender PowerPoint
Präsentation eine umfassende Rede zum Haushalt.
Herr Northoff sagte, dass ein Haushalt vorliege, der
Ausgaben in Höhe von 381.950 Euro umfasst, welcher aber gleichzeitig ein
Defizit von 15.781.000 Euro ausweist. Es stellt sich die Frage, ob der Haushalt
in dieser Form akzeptiert werden kann, insbesondere vor dem Hintergrund, dass
auch die Kassenkredite auf 72.000.145 Euro angesetzt sind. Aus den bisherigen
Diskussionen zeichneten sich keine Verbesserungen der Haushaltslage in den
kommenden Jahren ab. Es sind keine großen Verbesserungen im Land zu erwarten,
denn das Land habe mindestens so große Haushaltsprobleme wie wir, aber nach dem
letzten Gerichtsurteil steht fest, dass etwas auf Landesebene passieren muss –
hier besteht die Hoffnung, dass auch unsere Finanzlage verbessert wird. Es
stellt sich weiterhin die Frage, ob trotzdem dem Haushalt zugestimmt werden
kann – Herr Northoff sagt ja, denn
die freiwilligen Leistungen können somit getätigt werden. Auch die
ausgewiesenen Investitionen können zufrieden stellen. Besonders gefreut habe
sich Herr Northoff über die jetzt
wieder etwas höheren Ausgaben für Straßenbaumaßnahmen, die insbesondere auch
den ländlichen Bereich umfassen. Auch positiv zu erwähnen sei die Fortschrift
bei der Digitalisierung, trotzdem stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten
bestehen, um auf eine Verbesserung hinzuwirken. Zunächst standen 40 Mio.
Defizit im Raum, nun sind wir bei knapp 16 Mio. Euro. Diese 40 Mio. Euro dürfen
in dieser Größe nicht noch einmal auftauchen. Herr Northoff sagte, dass der Haushaltsentwurf als kein
ernstzunehmender Haushaltsplan zu sehen war, denn es handelte sich hier um eine
Wunschliste der Fachbereiche. Was die Verwaltung im Nachhinein getan hat,
sollte zukünftig bei der Aufstellung des Haushaltsplanes sofort mitberücksichtigt
werden. Dies ist nicht nur eine Sache der Kämmerei, insbesondere die
Dezernenten müssen Wert darauf legen, dass eine vernünftige Haushaltsplanung
von Anfang an stattfindet. Die Digitalisierung der Verwaltung führt dazu, dass
auch Abläufe vereinfacht und übersichtlicher gemacht werden können, dass
grundsätzlich auch Personal eingespart werden kann. Herr Northoff hat Hoffnung, dass uns dies weiterbringen kann. Auch
bei kleineren Sachen muss geschaut werden, ob diese noch sinnvoll sind, so z.B.
das gedruckte Amtsblatt, welches Kosten i.H.v. 200.000 Euro verursacht.
Die Fraktion CDU-FDP wird dem Haushalt zustimmen.
Herr Roi sagte, dass wir unterfinanziert sind, die Landkreise leiden. Herr Roi hatte in immer wieder gesagt,
dass man sich über die Frage der Ursachen Gedanken machen muss. Wir müssen uns
die großen Ausgaben ansehen und diese dann ins Verhältnis setzen, was im
Konsolidierungskonzept steht und was für Vorschläge kommen.
Den Altlandrat Uwe
Schulze hatte Herr Roi immer für seine Haushaltsentwürfe kritisiert, wo ein
möglichst großes Minus vorhanden war, welches immer kleiner wurde, damit am
Ende zugestimmt werden konnte. Herr Graber übertrifft dies, denn zwischen dem
ursprünglichen Entwurf und dem heutigen Ergebnis liegen 25 Mio. Euro, hier
stellt sich die Frage, wie ernst man überhaupt den ersten Entwurf nehmen kann?
Kassenkredit von 72 Mio. Euro, die Zinsen steigen, ein großer Posten Personal
von 80 Mio. Euro. Wir müssen alle miteinander nachdenken, wie die Verwaltung so
umgebaut werden kann, dass man effektiver und flexibler wird, denn die
Personalkosten steigen jährlich, was nicht nur an Tarifabschlüssen liegt, es
werden auch neue Stellen geschaffen. Hier muss sich die Frage gestellt werden,
ob dies im Verhältnis zu immer weniger Einwohnern steht. Bei 223 Mio. Euro
Transferaufwendungen muss nun genau hingeschaut werden, wofür das Geld
ausgegeben wird. Im Bereich der Asylbewerberleistungszahlungen gibt es ähnliche
Steigerungen, Kinder- und Jugend, wo die unbegleiteten minderjährigen Ausländer
enthalten sind, usw.
Es gibt seit
nunmehr 5 Jahren zu diesen kritischen Punkten keine Bewegung, es gibt keine
Altersfeststellung, keine Änderung im Bereich der Migrationspolitik und seit
dem Krieg in der Ukraine haben wir Bürgergeldempfänger aus der Ukraine, die hier
im Jobcenter angesiedelt sind. Hier wird die Fraktion AfD als Lösungsvorschlag
zu diesen beiden Aspekten je eine Beschlussvorlage in den Kreistag einbringen.
Zum einen, dass (wie in Nordhausen) überprüft wird, ob sich die
Leistungsbezieher hier aufhalten oder nicht. Zweitens wird die Fraktion AfD zum
Thema Asylbewerber dafür plädieren, dass die Bezahlkarte in unserem Landkreis
durch Eigenregie schneller eingeführt wird. Hier können deutliche Einsparungen
erzielt werden.
Die Politik der
Regierung ist die Ursache für die Unterfinanzierung der Kreise, so Herr Roi.
Als Widerstandszeichen gegen die gesamte Politik bleibt der
Fraktion AfD nur die Möglichkeit mit Nein zu stimmen.
Herr Roi fragte bzgl. des Urteils zur Kreisumlage in Mansfeld-Südharz, welche Schlüsse
für unseren Landkreis gezogen werden? Sehen Sie hier eine ähnliche Problematik?
Herr Wolpert
antwortete, dass vom Landkreistag Berechnungen angesetzt wurden. Es sind
weitere Landkreise, die dort gefährdet sind, der Landkreis Anhalt-Bitterfeld
zählt nicht dazu.
(Herr Honsa gegangen, Herr Wolkenhaar
gekommen = 47 Mitglieder = 87,04 %)
Herr Schlegel erklärte, dass sich die Fraktion Freie Wähler mehrheitlich dazu entschlossen hat, diesem Haushalt zuzustimmen. Er weiß, dass es alles nur ein Kompriss sei, im Wesentlichen geht es für die Fraktion aber darum, dass mit der Zustimmung die Handlungsfähigkeit des Landkreises erhalten bleibt. Es ist gut, dass das Defizit weniger geworden ist als zu Beginn der Haushaltsdiskussionen, nichts desto trotz ist es ein Defizit, dass nicht zufrieden stellen kann. Die Gründe hierfür liegen allerdings zu großen Teilen auf Landesebene. Wir wollen unseren Landkreis stärken. Hier ist unsere Aufgabe in Richtung Land gerichtet, notwendige Gelder zusammenzutragen, dass sie in unserem Landkreis verwendet werden können.
Herr Dittmann sagte, dass Wunsch und Wirklichkeit weit
auseinanderklaffen, es müsste mehr in unsere Infrastruktur investiert werden,
als wir können. Aber wir haben zwei dauerhaft reglementierende Faktoren zu beachten,
Finanzen und Ressourcen in Form von Material- und Lieferverfügbarken und von
Personalmangel.
Ein Defizit von 16 Mio. Euro bleibt eine schlechte Nachricht.
Im Vergleich von Plan und Abschluss der
Vorjahre zeigt sich, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird.
Wir haben deutliche Verbesserungen in der Haushaltsausführung, erhebliche
Rückgänge in unseren Verbindlichkeiten und sieht man sich das an, so muss man
darüber nachdenken, ob die Festsetzung der Kreisumlage in den zurückliegenden Jahren
tatsächlich immer der zwangsläufige Kompromiss war. Damit dürfen wir für 2023
und 2024 aber wohl nicht in solchem Umfang mit Verbesserungen rechnen. Zum
Thema Kreisumlage können wir im Vorbericht nachlesen, dass die Kreisverwaltung
die Anhörung und Abwägung wohl formell rechtmäßig absolviert hat und die vom VG
Halle neu gesetzten materiellen Grenzen werden zum Glück in unserem Landkreis
noch nicht erreicht. Insofern bleibt der Haushalt ein Kompromiss der
ermöglicht, unseren Landkreis nicht nur lebensfähig sondern bei allen Problemen
auch lebenswert zu halten. Sichtbar ist auch, dass unsere Abschreibungen
niedriger sind, als unsere Investitionen. Es sagt aber viel über unseren
Landkreis aus, dass mehr als die Hälfte der 8,3 Mio. € für Hochbaumaßnahmen in
unsere Schulen fließen. Ob der Neubau einer Leitstelle mit voraussichtlich
knapp 5 Mio. Euro wirklich eine gute Investition in die Zukunft ist, wird sich
zeigen, so Herr Dittmann.
Problematisch sind die Ausgaben für unsere
sozialen Sicherungssysteme, allein im Teilhaushalt Kinder, Jugend und Familie
kommen wir von einem Ergebnis im Aufwand des Jahres 2022 von 83,4 Mio. Euro in
diesem Jahr auf 107,8 Mio. Euro, von denen knapp 53 Mio. Euro als Defizit beim
Landkreis verbleiben. Allein bei der Hilfe zur Erziehung entwickelt es sich von
20 Mio. Euro zu 29 Mio. Euro, zum Vergleich beträgt der Aufwand für
Ausländerangelegenheiten 12,8 Mio. Euro, bei Erträgen 11,5 Mio. Euro, also ein
Defizit von 1,2 Mio. €.
Ein Teil unserer Finanzprobleme liegt aber
auch im Unterhaltsvorschussgesetz begründet. Es ist ein wesentliches Element
unserer sozialen Sicherung. Hier anzusetzen, wie von Herrn Roi ins Spiel
gebracht, würde gerade Kinder zu den Leidtragenden machen. Zu reden ist aber
über die Abladung beim Landkreis. Mit aufgelaufenen 40 Mio. Euro Forderungen
speisen sich allein hier wesentliche Anteile unserer Kassenkredite. Hier liegt
eine klare Verletzung des Konnexitätsprinzips durch den Bund vor.
Fazit: Die Fraktion SPD-Grüne stimmt dieser
Haushaltssatzung aus Verantwortung für unseren Landkreis und die hier lebenden
Bürgerinnen und Bürger zu.
Bzgl. der Bezahlkarte sagte Herr Dittmann, dass Sachsen-Anhalt aus
guten Gründen entschieden hat, sich in das Verfahren mit den anderen
Bundesländern einzubinden, um am Ende ein effizientes System aufzuerlegen, was
bei der Einführung und Betrieb Synergien zulässt.
Zum Konsolidierungsprogramm sagte Herr Dittmann, dass hier ein
Änderungsantrag der Fraktion SPD-Grüne vorliegt, darin ist alles begründet. Er
soll das System nicht in Frage stellen, nur verbessern.
Auch Herr
Maaß betonte, dass heute ein Haushalt beschlossen werden soll, der
niemanden zufrieden stellen kann. Die Perspektiven für die zukünftigen
Haushalte sind nicht minder düster. Herr
Maaß setzt voraus, dass der Haushaltsentwurf nicht nur mit Wünschen
bestickt war, sondern in den meisten Fällen den tatsächlichen Bedarf
beinhaltete. Von ursprünglich ca. 40 Mio. Euro Defizit auf nunmehr knapp 16
Mio. Euro Defizit kann kein guter Haushalt entstehen, es heißt konkret
Einsparungen bei Leistungen, die eigentlich notwendig sind (Straßen, Schulen,
Sozialleistungen, Jugendarbeit).
Sicher gibt es ausreichend Gründe, im Haushalt zu einzelnen Positionen Kritik
zu üben, die Hauptschuld an den Haushaltssituationen der Kommunen bundesweit
liegt natürlich auch an der Bundespolitik und an den Ländern. Immer weniger
Geld fließt bei Übertragung von Aufgaben in die Kommunen, die Ausstattung für
übertragene Aufgaben reicht oftmals nicht aus. Wir werden heute einen Haushalt
beschließen, nicht weil er gut ist, sondern weil wir ihn für unsere Arbeit in
der Erfüllung unserer Pflichtaufgaben und für die freiwilligen Aufgaben
brauchen. Wir werden auch 2024 Straßen sanieren, in Schulen investieren,
Vereine unterstützen, usw., aber im Hinterkopf immer mit dem Gedanken, es
müsste an vielen Stellen deutlich mehr sein.
Als positiv wird betrachtet, dass auch 2024 sowohl bei der Verwaltung, als auch
im Kreistag, große Einigkeit darüber bestand, sich relativ schnell für eine
Kreisumlage zu einigen. Auch was die Aufrechterhaltung der freiwilligen
Aufgaben betrifft, haben wir mit diesem Haushalt eine gute Entscheidung vorliegen.
Abschließend dankte Herr Maaß den
vielen Ehrenamtlern im Landkreis für ihre unermüdlichen und aufopferungsvollen
Arbeiten, trotz der schwierigen Situationen von leeren Kassen und unter
schwierigen Bedingungen. Diese Ehrenamtler leisten einen deutlichen Beitrag,
dass unser Landkreis weiterhin lebenswert und Heimat ist.
Die Mehrheit der Fraktion DIE LINKE. wird
dem Haushalt zustimmen.
Es gab keine weiteren Wortmeldungen.
Herr
Wolpert erklärte, dass der
stellvertretende Landrat, Herr Krüger, die Änderungsanträge der Fraktion
SPD-Grüne so übernehmen würde.
Der Änderungsantrag lautet wie folgt:
Die Fraktion
SPD-Grüne beantragt, dass der Kreistag beschließen möge, im
Konsolidierungskonzept unter der Nr. 4 – Übersicht der
Haushaltskonsolidierungsbeiträge ab 2023 folgende Änderungen vorzunehmen:
-
Unterpunkt 7 Installation von
Photovoltaikanlagen (Seite 11) Ersetzung des letzten Satzes durch:
„Soweit diese Maßnahmen
mangels fehlender Personalressourcen nicht zeitnah umgesetzt werden können, sind Alternativen wie die
Verpachtung von Dachflächen zu
prüfen.“
-
Nr. 4.2 Konkrete Maßnahmen / Unterpunkt 1.
Hausverkäufe (Seite 14) Fischmarkt 2 in Zerbst/Anhalt Ergänzung in der
Begründung durch den Satz:
„Der Verwaltungsstandort
Fritz-Brandt-Straße 16 muss dafür barrierefrei hergerichtet
werden.“
Herr
Northoff sagte, dass zu dem
Änderungsantrag intern noch Diskussionsbedarf bestehe. Es sei nicht klar,
welche Auswirkungen eine Vermietung hat. Diese hat sicherlich den Vorteil, das
auch die Energiewende stärker durchgeführt wird, aber haushaltsmäßig hätte es
kaum Auswirkungen, da weiterhin hohe Stromkosten gezahlt werden müssen.
Zum zweiten Antrag ist nicht klar, inwieweit diese Baumaßnahmen Kosten
verursachen, ob dadurch nicht der mögliche Umzug vom Fischmarkt in die frühere
Kreisverwaltung hinausgezögert wird.
Es besteht hier diskussionsbedarf und die Fraktion möchte sich heute nicht
abschließend festlegen.
Herr
Wolpert sagte, dass die
Anträge von der Verwaltung übernommen wurden und somit Bestandteil der Beschlussvorlage
sind. Wenn Herr Northoff diese Anträge nicht haben möchte, so sollte er einen
Antrag auf Herausnahme stellen.
Herr Northoff sagte, dass er hierzu
keinen Antrag stellen wird.
Herr Wolpert ließ sodann über die Beschlussvorlage – ergänzt und in abgeänderter Form durch die Anträge der Fraktion SPD-Grüne – abstimmen:
Die Vorlage 0931/2024 wurde mehrheitlich mit 32 Ja-Stimmen und 10 Gegenstimmen, bei 5 Enthaltungen, bestätigt.